Zusammenfassung
Die harmonikalen Tatsachen, deren Erkenntnis und Anerkennung dem Zivilisationsmenschen in der Textwelt des Neuen Lübecker Totentanzes anempfohlen wird, bezeichnen die Figuren dieses Festspiels häufig als „Gesetz“, gelegentlich auch als „Ordnung“. Mit den gleichen Begriffen benennt Jahnn jedoch, hier wie in anderen Werken, ebenfalls die von Menschen geschaffenen Formen des Zusammenlebens, denen damit auf ähnliche Weise Regelhaftigkeit und Systemcharakter zuzukommen scheint wie den Abläufen der Harmonik. So spricht die Mutter im Sinne der Weltenharmonie von dem „Glanz schimmernder Ordnung“, der unter dem schäbigen Mantel der Zivilisation verborgen sei [vgl. 483/35–37]; gleichzeitig beschreibt der feiste Tod das Leben in der zivilisierten Welt mit den Worten: „Um unseren Hals sind die Schlingen der Übereinkünfte, Gesetze und Ordnungen gelegt.“ [468/10–12] Ferner charakterisiert dieser Repräsentant der Zivilisation das religiöse und moralische Klima in der Gegenwart als „Ordnung um den Preis der Untertierheit“ [481/26f.] und führt gegenüber dem alten Tod die blutige Beendigung der Arbeitslosendemonstration als Beispiel für die „Ordnung, wie hier Tod gegeben wird“, an [481/19f.], wobei mit „hier“ das schicksalhafte „System“ gemeint ist, in welchem Unrecht und Gewalt unursächlich erscheinen. (↖ S. 132)
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Walitschke, M. (1994). Gesetz und Gewalt. In: Hans Henny Jahnns Neuer Lübecker Totentanz. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-04198-2_21
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-04198-2_21
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
Print ISBN: 978-3-476-45041-8
Online ISBN: 978-3-476-04198-2
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