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Der Forte-Kreis — Ein soziologisch-historischer Abriß

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Der Forte-Kreis (1910–1915)
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Zusammenfassung

Der Forte-Kreis experimentiert bei seinem Versuch intellektueller Gruppenbildung mit dem Typus des Bundes, wobei dieser Begriff nicht von außen an die Gruppe herangetragen wird, sondern ihrer Selbstdeutung entspricht: In dem Bedürfnis, sich gegenüber anderen Formen rationaler Zweckgebilde abzugrenzen, prägt die Gruppe schon 1912 für sich den etwas paradoxen Begriff des “Blut-Bundes” (einer nicht verwandtschaftlichen, sondern wahlverwandtschaftlich-lebensbundartigen Beziehungsstruktur, die sich noch nicht auf Blutsbrüderlichkeits-Ideen der Jugendbewegung bezieht1) und im Juni 1914, zum Zeitpunkt der Gründungstagung und ihres größten Erfolges, den Begriff eines “Bund(es) der Aufrechten” (Landauer).

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Notizen

  1. s. Reinhart Koselleck: Bund, Bündnis, Föderalismus, Bundesstaat, in: Geschichtliche Grundbegriffe, Bd.1, S.582–671. Dort auch über die Bundesideen des deutschen Idealismus.

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  2. Vgl. Reinhart Koselleck: ‘Erfahrungsraum’ und ‘Erwartungshorizont’- zwei historische Kategorien, in: ders.: Vergangene Zukunft…, aa.0., S.371.

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  3. Herman Schmalenbach: Die soziologische Kategorie des Bundes, in: Die Dioskuren, Jahrbuch für Geisteswissenschaften, München 1922, S.35–105. Schmalenbach selbst erwähnt in seiner Abhandlung als realhistorische Beispiele sowohl weltanschaulich motivierte Jugend- und Männerbünde aus der richtungsweisenden, kritisch gewürdigten Arbeit des Ethnologen Heinrich Schurtz (Altersklassen und Männerbünde, Berlin 1902), die germanischen Gefolgschaften, die urchristlichen Sekten (mit den Merkmalen Liebes-Kommunismus und Erwachsenen-Taufe), die Ritterorden der Kreuzzugszeit und aus der Gegenwart den “Wandervogel”, sowie den Kreis um Stefan George.

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  4. Max Weber: Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriß der verstehenden Soziologie, Tübingen 1972 (5.Aufl.), insbes.S. 721–726: “Eine “Sekte” im soziologischen Sinn ist nicht eine ‘kleine’, auch nicht eine von irgendeiner anderen Gemeinschaft abgesplitterte (…) religiöse Gemeinschaft (…) Sondern sie ist eine solche, welche ihrem Sinn und Wesen nach notwendig auf Universalität verzichten und notwendig auf durchaus freier Vereinbarung ihrer Mitglieder beruhen muß. Sie muß es, weil sie ein aristokratisches Gebilde: ein Verein der religiös voll Qualifizierten und nur ihrer sein will, nicht wie in der Kirche eine Gnadenanstalt, die ihr Licht über Gerechte und Ungerechte scheinen und gerade die Sünder am meisten unter die Zucht des göttlichen Gebots nehmen will.”(S. 721–2). Daß Weber nicht Religionshistorie um ihrer selbst willen betreibt, zeigt sich am Schluß seiner ersten Rachfahl-Replik, wo er die Sekte als “Archetypos” jener Gruppenbildungen versteht, welche bis in der Gegenwart hinein die “öffentliche Meinung”, die “Kulturwerte” und die “Individualitäten” pragen, ders.: Antikritisches zum “Geist” des Kapitalismus, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, Bd. XXX, 1910.

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  7. Theodor Däubler: Wir wollen nicht verweilen. Autobiographische Fragmente, München 1914, Kap.II: “Spaltung” trägt das Motto: “Wenn das Leben sinnvoll wird, das ist das Zeichen der Siderischen Geburt. Volker”.

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  8. Hans von Wolzogen: Von neuer Mystik, in: Bayreuther Blätter, 34.Jg. 1911, 4.–6. Stück, S.150–154. Die Rezension, die von der durchsichtigen Anspielung des pseudonymen Autors auf “Volker der Fidler” ihren Ausgangspunkt nimmt, enthält zahlreiche antisemitische Ausfälle (ebd., S.153), um letztlich im Unentschiedenen eines hoflichen “ungemein anregend” zu verbleiben. — Über das Manifest von Frederik van Eeden und Volker: Welt-Eroberung durch Helden-Liebe, Berlin Leipzig 1911, s. in: Bayreuther Blätter, 35.Jg. 1912, 4.–6. Stück, S.165–6. — Über die völkische Weltanschauung des Bayreuther Kreises s. Winfried Schueler: Der Bayreuther Kreis von seiner Entstehung bis zum Ausgang der Wilhelminischen Ära. Wagnerkult und Kulturreform im Geiste völkischer Weltanschauung, Münster 1971.

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  22. s. Bernhard vom Brocke: “Wissenschaft und Militarismus”. Der Aufruf der 93 “An die Kulturwelt!” und der Zusammenbruch …; zur Diskussion des Begriffes “Militarismus” im 1. Weltkrieg, ibidem, S.649–708 und M. Geyer: Militarismus, in: Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, hrsg.v. O. Brunner — W. Conze — R. Koselleck, Bd. 4, Stuttgart 1978, S.147. Zum Komplementärbegriff: K. Holl: Pazifismus, ibidem, S.767–787.

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  25. s. die Bemerkungen Georg Simmels über die Rolle des Mittlertums in sozialen Gruppen, in: ders: Soziologie, a.a.O., S.77f.

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  26. Romain Rolland: Zwischen den Völkern, a.a.O., S.81. — Die Hoffnung auf eine stärkere Einbindung Rollands sollte sich nicht erfüllen, vgl. ebd., S.231f.

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  28. Vollständiger Abdruck in: Martin Buber. Briefwechsel aus sieben Jahrzehnten, a.a.O., Nr.257, S.382ff.

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  29. s. Leo N. Tolstoj: Rede gegen den Krieg. Politische Flugschriften. Hrsg. v. Peter Urban, Frankfurt/M. 1968. — Zur geschichtsphilosophischen Interpretation von Tolstois “Krieg und Frieden” sei nur am Rande verwiesen auf H.D. Kittsteiner. Und draußen ging die Welt an uns vorbei. Überlegungen zu Heiner Müllers ‘Wolokolamsker Chaussee’, in: Niemandsland, H.8/9, 1989, S.24–27.

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  30. Hermann Lübbe: Politische Philosophie in Deutschland. Studien zu ihrer Geschichte, Basel Stuttgart 1963, S.187.

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Holste, C. (1992). Der Forte-Kreis — Ein soziologisch-historischer Abriß. In: Der Forte-Kreis (1910–1915). J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-04176-0_2

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