Zusammenfassung
An kurzen und umgewandelten Aphorismen ist bislang gezeigt worden, daß das semantische Zentrum der Texte in der Kombination zweier oder mehrerer Begriffe liegt. Auszuweisen bleibt, daß das an paradigmatischen Texten aufgewiesene semantische Zentrum die Struktur der Gattung ist. Die beispielhafte Umwandlung eines Textes verdeutlichte, daß ein dem Metaphorischen analoges Verfahren nicht nur die Isolation der Texte erlaubte, sondern überhaupt erst die Etablierung der sprachlichen Zeichen als Texte. Damit sind solche Texte aus dem jeweiligen Ko- oder Kontext isolierbar und können überhaupt erst eigenständige Aphorismen sein. Gerade an Hand von Aphorismen, die so torsohaft sind, daß sie nicht einmal einen grammatikalisch vollständigen Satz umfassen, konnte ein semantisches Zentrum herausgearbeitet werden. Dabei entsteht zwangsläufig das Problem, wie solche verkürzten Formen überhaupt zu Texten werden. Hier fallen die Leithinsichten zusammen, nämlich Etablierung der Texte als Texte, Isolierbarkeit und damit auch Integrationsfähigkeit, Kombination von Begriffen und das daraus sich ergebende, dem Metaphorischen analoge Verfahren.
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Notizen
Auch wenn sich die literaturwissenschaftliche Sprache oft ihren Gegenständen annähert, wie Fricke aufgezeigt hat. Vgl. Fricke, H.: Die Sprache der Literaturwissenschaft, München 1977.
Vgl. Hempfer, K.W.: Gattungstheorie, München 1973, S. 14.f.
Als ein Beispiel unter vielen sei der Bedeutungswandel des Begriffs „Dialektik“ von Kant über Schiller und Fichte bis Hegel und von da aus zu Marx und Kierkegaard erwähnt, wie ihn Janke beschrieben hat. Vgl. Janke, W.: Historische Dialektik, Berlin 1977.
Vgl. Jakobson, R.: Linguistik und Poetik, a.a.O., S. 83.f und Mukarovský, J.: Die poetische Benennung und die ästhetische Funktion der Sprache, in: ders., „Kapitel aus der Poetik“, Frankfurt 1967, S. 44.f.
Rorty, R.: The Linguistic Turn, Chicago 1967.
Vgl. Scherfer, P.: Vokabellernen, in: Der fremdsprachliche Unterricht, Heft 98, 1989, S. 4.im Rückgriff auf Zimmer, D.E.: So kommt der Mensch zur Sprache: Über Spracherwerb, Sprachentstehung und Sprache und Denken, Zürich 1986. Hier wird jedoch, genau wie in der Unterscheidung in „Intension“ und „Extension“, wobei die Intension mit Begrifflichkeit identifiziert wird, die kotextuelle Gebundenheit des Begriffs übersehen. Erst der Text, die Verbindung von „Rose“ und „Blume“, läßt die Differenzierungen in Intension und Extension zu.
Vgl. Schifko, P.: Bedeutungstheorie, Stuttgart — Bad Cannstadt 1975, S. 40..
Adorno, Th.W.: Parataxis, in: ders., „Noten zur Literatur“, Frankfurt 1981, S. 471.
Sie demonstrieren sogar, wie Kierkegaard in seiner Satire gegen Hegel „erzählt“, die Verrücktheit ihres Urhebers. Vgl. Kierkegaard, S.: Unwissenschaftliche Nachschrift, in: Diem & Rest (Hrsg.), „Sören Kiekegaard: Philosophische Brosamen und Unwissenschaftliche Nachschrift“, München 1976, S. 334..
Auf diesen Umstand verweist Heidegger in: Heidegger, M: Die Frage nach der Technik, in: ders., „Die Technik und die Kehre“, 5Pfullingen 1982, S. 19..
So Kubczak, der in „explizite“ und „implizite“ Metaphern unterscheidet und implizite aus der sprachwissenschaftlichen Forschung verbannen will, sie aber als mögliche und sinnvolle Verwendungsweisen von Sprache anerkennen muß. Vgl. Kubczak, H.: Metaphern und Metonymien als sprachwissenschaftliche Untersuchungsgegenstände, in: ZDP 105, 1986, S. 92..
S.J. Schmidt spricht im Zusammenhang von Begriff und Bedeutung von einer „Isotopieebene“, auf der Begriffe kombinierbar sind. Allerdings scheint „Iso-topieebene“ insofern unglücklich gewählt, da es sich augenscheinlich um einen Pleonasmus handelt. Vgl. Schmidt, S.J.: Bedeutung und Begriff, Braunschweig 1969. S. 143.
Vgl. Eimermacher, K.: Zum Problem einer literaturwissenschaftlichen Metasprache, in: Sprache im technischen Zeitalter, Heft 45, 1973, S. 261.
Koehne, R.: Zur Bestimmung der philosophiegeschichtlichen Stellung Lichtenbergs, in: „Zeugnisse. Theodor W. Adorno zum sechzigsten Geburtstag“, Frankfurt 1963, S. 137.
Philosophische Sprache unterscheidet sich dann tatsächlich nur „in der Weise ihrer sprachlichen Darstellung“, wie Peperzak rhetorisch abweisend fragt. Vgl. Peperzak, A.: Phänomenologische Notizen zum Unterschied zwischen Literatur und Philosophie, in: Orth (Hrsg.), „Zur Phänomenologie des philosophischen Textes“, München 1982, S. 116.
Vgl. Fichte, J.G.: Versuch einer neuen Darstellung der Wissenschaftslehre (1797/98), hrsg. auf der Grundlage Medicus von Peter Baumanns, Hamburg 1975, S. 12.
Hegel, G.W.F.: Grundlinien der Philosophie des Rechts, in: ders., „Werke in 20 Bänden“ hrsg. von Moldenhauer & Michel, Bd. 7, Frankfurt 1969–71, S. 24.
Vgl. Kamlah, W. & Lorenzen, P.: Logische Propädeutik, Mannheim — Wien -Zürich 1967, S. 89.
Vgl. Arntzen, H.: Philosophie als Literatur, in: ders., „Zur Sprache kommen“, Münster 1983, S. 316.
Jakobson, R.: Linguistik und Poetik, in: ders., „Poetik“, Frankfurt 1979, S. 93.
Vgl. Wanning, F.: Diskursivität und Aphoristik, Tübingen 1989, S. 159.
Vgl. Gabriel, G.: Über Bedeutung in der Literatur. Zur Möglichkeit literarischer Erkenntnis, in: Allgemeine Zeitschrift für Philosophie 8, Heft 2, 1983, S. 7–21.
Johnston, W.M.: Karl Kraus und die Wiener Schule der Aphoristiker, in: Österreichische Monatszeitschrift 211/12, Februar-März 1987, S. 12.
Bubner, R.: Moderne Ersatzfunktionen des Ästhetischen, in: Merkur, 40. Jahrgang, Februar 1986, Heft 2, S. 91–107.
Vgl. Amtzen, H.: Aphorismus und Sprache — Lichtenberg und Karl Kraus, in: ders., „Literatur im Zeitalter der Information“, Frankfurt 1971, S. 336.
Adorno, Th.W.: Ästhetische Theorie, 5Frankfurt 1981, S. 197.
Krause, F.U.: Zu Ursprung und Funktion der »Aphorismen“ bei Robert Mu-sil in: Farda & Karthaus (Hrsg.), „Sprachästhetische Sinnvermittlung“, Frankfurt — Bem 1980, S. 156.
Wie etwa der literaturwissenschaftlich fragwürdige Ansatz von Febel aus einer ontologischen Bestimmung des „Spiels“ die Struktur der Gattung abzuleiten sucht Vgl. Febel, G.: Aphoristik in Deutschland und Frankreich — Zum Spiel als Textstruktur, Frankfurt 1985.
Rights and permissions
Copyright information
© 1992 Springer-Verlag GmbH Deutschland
About this chapter
Cite this chapter
Fedler, S. (1992). Begriff. In: Der Aphorismus. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-04172-2_4
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-04172-2_4
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
Print ISBN: 978-3-476-45014-2
Online ISBN: 978-3-476-04172-2
eBook Packages: J.B. Metzler Humanities (German Language)