Krankheitsdarstellung und Arztbild im Werk Büchners in ihren literarhistorischen und wissenschaftsgeschichtlichen Bezügen

Zusammenfassung

Die ersten drei Teile der vorliegenden Untersuchung waren der Ermittlung der strukturgebenden Bedeutung der Komplexe Krankheit und Medizin im literarischen Werk Büchners und ihres real geschiehtliehen Kontextes gewidmet. Abschließend soll aber nicht versäumt werden, auf der Basis der gewonnenen Erkenntnisse zur Erhellung eines weiteren latenten Problems der Büchner-Forschung beizutragen, das über die alleinige Beschäftigung mit den Texten des Autors hinausgeht. Gemeint ist die Schwierigkeit einer adäquaten literarhistorischen Situierung des Werkes Georg Büchners, dessen ‚Unzeitgemäßheit‘ mittlerweile bereits zu einem Topos geworden ist. Auf ihn wird regelmäßig dann zurückgegriffen, wenn es gilt, die außerordentliche Stellung Büchners in der Literatur seiner Zeit und die spezifische ‚Modernität‘ seines Werkes herauszustellen. Ein besonders signifikantes Beispiel hierfür liegt in der anläßlich des 150. Geburtstages des Dichters gehaltenen Gedenkrede von Walter Jens aus dem Jahr 1963 vor. Jens betont in seiner „laudatio eines Zeitgenossen“, daß „dieser Unzeitgemäße … eher in die Sturm- und Drangzeit unseres Jahrhunderts, in den frühen Expressionismus, als in die ausklingende Goethe-Ära zu passen“ scheint und stellt die Frage nach den „Wurzeln dieser historisch kaum erklärbaren Modernität“³⁸³ seinen Ausführungen über den hohen Stellenwert der Medizin auf das poetische Schaffen des Dichters voran.