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Zusammenfassung

Aufrichtig sind die Deutschen und treu, bieder und schüchtern, rauh und ruppig nach außen, aber sie haben einen guten Kern. Sie schätzen die Feinheit des Herzens, verachten den geselligen Scherz und im ganzen gesehen ist eher ihre Einbildungskraft ausgebildet, als ihr Esprit, weshalb sie sich, wenn sie gesellig sein wollen, Vergnügen geradezu auferlegen müßen. In den Konversationssälen trifft man alle, nur nicht Deutsche, und als Unterhalter hinterlassen sie einen schlechten Eindruck, diese schwerkräftigen Grübler mit dem tiefen Blick, die nichts zu sagen haben, wenn sie nichts denken, die nur über das lachen, was sie selbst erzählt haben. Bestenfalls zu groben Späßen fähig, legen sie diese ihrem Nachbarn wie eine plumpe Tatze auf die Schultern. Die Zeit rinnt in ihren Unterhaltungen tropfenweise, sie leben mehr wie Bergleute und wer sich bei ihnen nicht mit dem Universum befaßt, hat nichts zu tun. — Dieses folgenreiche Bild der Deutschen und ihrer Unfähigkeit zum geselligen Gespräch wurde zum Ende des 18.Jahrhunderts entworfen, von einer Dame der großen Welt, Anne Germaine de Staël und ist den einleitenden Kapiteln ihrer bedeutenden Sittenschilderung, ihrem Buch ‘De l’Allemagne’ von 1813 entnommen. Aus der Sicht einer gebildeten Kennerin der deutschen Verhältnisse und aus der Tradition der adligen französischen Salonkultur verfaßt, mußte diese herzhafte Kritik sofort Widerspruch hervorrufen — von einer andern Weltdame und Wortführerin der Geselligkeit, nun allerdings der deutschen romantischen Salons, Karoline de la Motte Fouqué: “das sind wir nicht! das sind ja gar keine Deutsche!” hieß es da bündig-zornig, das seien nur “Abstracta”, von denen nicht auf den wahren Zustand zu schließen sei.

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Fauser, M. (1991). Sprache und Konversation. In: Das Gespräch im 18. Jahrhundert. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-04158-6_5

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