Zusammenfassung
Die besondere Weise eines Geistreichen, seine Ware an den Mann zu bringen, kann dazu führen, daß er sich “für zehn witzige Einfälle jeweils hundert Feinde” einhandelt.1 Und sei es für die Idee, die Vorrede zu einem Roman erst in der Mitte des dritten Buches nachzureichen, wie es Laurence Sterne in seinem ‘Tristram Shandy’ tat. Gegen die wohl mehr als zehnfache Übermacht der Antishandianer besteht Sterne in dieser Vorrede auf Witz und Verstand, die er gerne wie das Pfingstwunder über die Köpfe aller ausgegossen und in sie eingetrichtert sähe. Aber, weil das Leben in diesem Zustand nicht auszuhalten wäre und dieser auch nicht annähernd erreicht ist, begibt sich der Autor auf die Suche nach Witz durch alle Länder, alle Berufe und Werke, einschließlich Dissertationen — vergebens — bis er endlich an seinem Rohrstuhl landet, auf dem er während des Schreibens sitzt. Derart auf sich selbst verwiesen, erscheinen ihm Witz und Verstand, wie die beiden Knäufe auf den Rückenlehnen des Stuhls, als die “Hauptzierden des Menschengeistes”, denn würde man eine dieser geistigen Stützen herabnehmen, dann könnte die andere doch nur auf deren Fehlen hinweisen, wenn man nicht einen Stuhl ganz ohne Knäufe für schicklicher halten wolle.2
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Literatur
Laurence Sterne: Tristram Shandy. Hg. von Siegfried Schmitz. München 1963, S. 36.
Knigge: Umgang mit Menschen, 1977, S. 47.
Lausberg: Handbuch der literarischen Rhetorik. Bd.1, München 1973, §§ 222 und 1070.
Wolfgang Stammler: Geistreich. In: Fs. F.J.Schneider. Weimar 1956, S. 353 f.
Henry F.Fullenwider: Geistesgegenwart. In: Archiv für Begriffsgeschichte 26/1982, S. 149f.
Paul Böckmann: Formgeschichte der deutschen Dichtung. Bd.1, Hamburg 1949, S. 471 ff. Dort die Entwicklung von Weise, Leibniz, Thomasius, Wernicke bis zu Wolff und Gottsched.
Vgl. auch Mario Wandruszka: Der Geist der französischen Sprache. Hamburg 1959, S. 97 ff.
Christoph Strosetzki: Konversation. Frankfurt/Main 1978, S. 36 f.
Zu dieser Verengung Wolfgang Preisendanz: Über den Witz. Konstanz 1970, S.7ff.
Schmidt-Hidding: Humor und Witz, München 1963, S. 168.
Karl Borinski: Gracian und die Hoflitteratur in Deutschland. ND Tübingen 1971, S. 75 ff. und
Claudia Henn-Schmölders: Ars conversationis. In: Arcadia 10/1975, S. 29 ff.
Christoph August Heumann: Der politische Philosophus. ND Frankfurt/ Main 1972, S. 45.
Edwin S. Ramage: Urbanitas. Oklahoma 1973, S. 128 ff.
Barbara Zaehle: Knigges Umgang mit Menschen und seine Vorläufer. Heidelberg 1933, S. 97 ff.
Zu den sogenannten manieristischen Vorläufern, besonders des Euphuismus vgl. William G.Crane: Wit and rhetoric in the Renaissance. New York 1937, Kapitel VI.
Claudis Schmölders (Hg): Die Kunst des Gesprächs. München 1986, S. 32 ff.
Rosmarie Zeller: Spiel und Konversation im Barock. Berlin 1974, S. 37 ff. Als Vorläufer gelten hier die Scherzlehren des 16. Jahrhunderts, die den heilsamen Wert des Scherzes betonen. Heinz — Günter Schmitz: Physiologie des Scherzes. Hildesheim 1972, S. 271 f.
Georg Friedrich Meier: Gedancken von Schertzen. ND Kopenhagen 1977, S. 27.
Daunicht: Lessing im Gespräch. München 1971, S. 587 und 603.
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Fauser, M. (1991). Witz im Gespräch: der Scherz. In: Das Gespräch im 18. Jahrhundert. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-04158-6_19
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