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Die Lebenskraft der Anekdote

  • Chapter
Anekdote

Part of the book series: Sammlung Metzler ((SAME))

  • 70 Accesses

Zusammenfassung

»Das Bild des Menschen, nicht wie er sein sollte, sondern wie er ist, wird gezeichnet, und wie sollte er da ohne die treffende Anekdote auskommen?« fragt Richard Friedentbai. Anekdoten dürften schon erzählt und dann von Mund zu Mund gewandert sein, als es schriftliche Zeugnisse noch kaum gab. Dabei spielt es keine Rolle, ob man zu jenen Zeiten das Wort ›Anekdote‹ schon kannte oder gar benutzte. So kann man dann später in den gedruckten Werken der Literatur, in den Chroniken, Berichten usw. eine Fülle von Anekdoten finden. Ihr Strom tritt von Anbeginn kräftig und überzeugend ins Blickfeld der Suchenden und Forschenden. So steht z.B. eine wahrhaft vollkommene Anekdote in I. Könige 3, 16–18, wo der Chronist vom Streit zweier Mütter um ein Kind berichtet, ein Streit, den Salomo mit einem weisen Urteilsspruch schlichtet. Dies Thema ist bis ins 20. Jh. virulent geblieben, z.B. im »Kreidekreis« Klabunds, von dem es dann etwa ein Jahrzehnt später Bert Brecht entlehnte und verfremdete. Aber auch im indischen Raum ist diese Anekdote bereits 1801 in englischer Übersetzung (Gladwin) bekannt geworden. Sie sei in dieser — aus früher indischer Anekdotenwelt stammenden — Form zitiert; betitelt ist diese Kurzprosa: »Der Streit um das Kind«:

»Zwei Frauen stritten sich um ein Kind und hatten keine Zeugen. Beide begaben sich zum Richter und heischten Recht. Der Richter ließ den Henker kommen und befahl ihm, das Kind zu halbieren und jeder der beiden Frauen eine Hälfte zu geben.

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Literatur

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Grothe, H. (1984). Die Lebenskraft der Anekdote. In: Anekdote. Sammlung Metzler. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-04081-7_8

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-04081-7_8

  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

  • Print ISBN: 978-3-476-12101-1

  • Online ISBN: 978-3-476-04081-7

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