Zusammenfassung
Auch die sozialen Veränderungen und Lebensverhältnisse während des Ersten Weltkriegs schienen den Volkskundlern im allgemeinen kein Forschungsthema zu bieten. Einer der wenigen, der in diesen Jahren, vornehmlich in München, beobachtete und sammelte, war Adolf Spamer (1883–1953). Der Spürsinn, mit dem er hunderte von hetzerischen Kriegspostkarten, Flugblättern, Bilderbogen, Lieder-heftchen, hurrapatriotischen Klappbildern, bedruckten Taschentüchern bis hin zum schwarz-weiß-roten Toilettenpapier zusammengetragen und mit Notizen und Zeitungsausschnitten versehen hat, verraten seine Sensibilität auch für die psychischen Gefahren des Krieges. In seiner Frankfurter Dozentenzeit hat er Vorlesungen über eine »Volkskunde des Weltkriegs« gehalten und darin ausgeführt: »Unmittelbar mit dem Ausbruch des Weltkriegs stieg eine Springflut auf, die alle untergründigen geistigen Volksgüter in Vers, Prosa und bildnerischen Gestaltungen auf die Oberfläche des öffentlichen Lebens emporschleuderte. Volksglaube und Volksfühlen, Volksgesang und Volkserzählung, Volkssatire und witz gaben sich in unmittelbarer, unverhüllter Eigenform, bis dann bald eine von Skrupeln unbeschwerte Industrie die neue Konjunktur zu ihren geschäftlichen Zwecken ausnutzte.«
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Literatur
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Weber-Kellermann, I., Bimmer, A.C. (1985). Hans Naumann und die Lehre vom »gesunkenen Kulturgut«. In: Einführung in die Volkskunde/Europäische Ethnologie. Sammlung Metzler. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-04075-6_8
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