Zusammenfassung
Zwei Wurzeln sind es, die zum Erkennen und Verstehen der Volkspoesie führen:
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Wenn Tacitus von den Gesängen und Tänzen der Germanen berichtet, so reizen den Angehörigen einer Hochkultur die Sitten und Gebräuche eines Naturvolkes; er findet darstellenswert, was den Gebildeten seines Volkes von dem Ungebildeten des fremden Volkes trennt. Bei Tacitus ist das Aufzeigen solcher Unterschiede verbunden mit der Überheblichkeit des vornehmen Römers den Barbaren gegenüber. — Mit Beginn der Neuzeit schlägt die Stimmung um: das Fremde, Primitive ist im Verhältnis zur eigenen Kultur nicht mehr das Minderwertige. Französische, englische und deutsche Weltreisende berichten mit Enthusiasmus von den Eingeborenen Amerikas, Afrikas oder Australiens. Jean de Levy (1578) schildert ein brasilianisches Fest, bei dem das Phänomen eines harmonischen Gesanges ohne alle Kenntnisse der Kunstregeln ihn überraschte, bezauberte. Montaigne (1580) rühmt die, ›vollendete Kultur‹ der Eingeborenen Amerikas; er stellt den Gascogner Villanellen, den Volksliedern seiner Heimat, die mündlich tradierten brasilianischen Lieder gegenüber. — Um dieselbe Zeit, da Montaignes »Essais« erschienen, verfaßte in England Sir Philip Sidney die »Defence of Poesie«.
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Suppan, W. (1978). Vorbedingungen wissenschaftlicher Beschäftigung mit dem Volksgesang. In: Volkslied. Sammlung Metzler. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-04041-1_1
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