Sprachgeschichte

Zusammenfassung

Zunächst ein kurzer Blick auf die Geschichte der Sprachgeschichte: Die Junggrammatiker (vgl. Kap. 1.2) hatten im 19. Jh. die Lautgesetze aufgestellt, aber nicht zur Theoriebildung in anderen Bereichen (Morphologie, Syntax) beigetragen. Nach Ferdinand de Saussures Trennung von synchroner und diachroner Sprachbetrachtung ist die Sprachgeschichte eine eigene, oft von den übrigen linguistischen Forschungen isolierte Teildisziplin. So hat Saussure seinen Zeitgenossen Ferdinand Brunot, den Verfasser der größten französischen Sprachgeschichte (Brunot 1966ff), nie kennengelernt. In den 20er Jahren widerspricht Antoine Meillet der Auffassung, der Sprachwandel unterliege universellen Regeln, und sucht statt dessen seine Ursachen in sozialen Faktoren (Meillet 1921). Die Kluft zwischen Synchronie und Diachronie wird erst in den 50er Jahren überwunden, u.a. mit den Arbeiten von Walther von Wartburg (Evolution et structure de la langue française) und Eugenio Coseriu (Synchronie, Diachronie und Geschichte). In vielen Ansätzen wird der Sprachentwicklung eine Art interne Kausalität zugesprochen: Nach dem von André Martinet aufgestellten Prinzip der Sprachökonomie tendiert eine Sprache dazu, überflüssige Elemente zu verlieren und notwendige stärker zu betonen. Als Beispiele für auf Sprachökonomie beruhende Veränderungen des Französischen gilt die Lautentwicklung (z.B. Schwächung und Verlust der Deklinations- und Konjugationsendungen), die ihrerseits morphologische und syntaktische Veränderungen nach sich zog (z.B. feste Wortstellung, systematische Setzung des Personalpronomens).