Europäische Perspektiven

Zusammenfassung

»Diese Streitfrage hat die Forschung seit hundert Jahren beschäftigt, ohne daß sie zu einem endgültigen Resultat gekommen wäre, da sie oft ohne Rücksicht auf die literarischen Kunstwerke typologische Systeme aufgebaut hat, die nach einiger Zeit wieder abgerissen werden mußten. Der Terminus ›barock‹ ist in der Tat so überstrapaziert, daß eine Gelehrte bereits 1953 konstatieren konnte: ›in literary criticism the word baroque means nothing‹ (O. de Mourgues, 1953, S. 72). Als Hilfsbegriff der Literaturwissenschaft durch das Prinzip der Wechselseitigen Erhellung der Künste‹ (O. Walzel, 1917) genauso gewonnen wie der des literarischen Manierismus (z. B. E. R. Curtius 1948), läßt er sich freilich nicht mehr aus der wissenschaftlichen Diskussion wegdenken, zumindest nicht in Deutschland. Mit der Setzung von ›Barock‹ als Epochenbegriff für die Zeit zwischen Renaissance und Aufklärung beginnen allerdings erst die Schwierigkeiten seiner Handhabung, denn was besagt diese Definition und inwiefern läßt sie sich auf außerdeutsche Kulturen übertragen? Wie unterscheiden sich Renaissance und Barock, Kunst und Literatur; worin besteht die Einheit der barokken Epoche; welches Land hat die wichtigsten Impulse gegeben, Italien oder Spanien; wodurch zeichnen sich die nationalen Spielarten des Barock aus, und warum dauert es in manchen Ländern bis in unsere Tage, Barock als Terminus zu akzeptieren? Gibt es den Barock etwa nicht überall in Europa als gemeinsames Weltbild, als Lebensgefühl und Stileinheit? Ist er identisch mit der Kunst der Gegenreformation bzw.