Zusammenfassung
Alle Texte Canettis sind auf gleichzeitig distanzierte und intime Weise autobiographisch. Die Spannung zwischen Distanz und Intimität variiert; sie ist am stärksten in seinem bisher letzten veröffentlichten Text, Die gerettete Zunge. Geschichte einer Jugend. Sehr erfolgreich bei einem großen Lese-Publikum, erregte er bei einigen Kritikern Befremden wegen der auffälligen Gelassenheit der Erinnerungsarbeit (Nr. I, 31; I, 37). Die Gelassenheit, ein Genügen an dem, was sich ohne allzuviel Zwang — noch, wieder — aufdecken läßt, beruht auf einem sehr spezifischen Begriff des Selbst: er habe versucht, sich nicht einzumischen, sagte Canetti kürzlich im Gespräch. (Aug. 1978 zur Verf.) In den Aufzeichnungen heißt es 1943: »Ich möchte einfach bleiben, um die vielen Figuren, aus denen ich bestehe, nicht durcheinander zu bringen.« (PM, 64) Die komplexe Struktur des Selbst ist ein Resultat vieler in der Zeit ablaufender Verwandlungen. Das Kind, dessen Welt sich rekonstituiert, ist deutlich in dem Selbst des über Siebzigjährigen enthalten, aber als eine ›andere‹, individuelle Stimme.
»Das Fließen zwischen Individuen und Typen ist ein eigentliches Anliegen des Dichters.«
(Die gerettete Zunge, S. 211)
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Barnouw, D. (1979). Die gerettete Zunge — »Der Beruf des Dichters«. In: Elias Canetti. Sammlung Metzler. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03886-9_1
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Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
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