Zusammenfassung
Die Fabel ist in ihrem Wesen und Ursprung betrachtet nichts anders, als ein lehrreiches Wunderbares. Dieselbe ist erfunden worden, moralische Lehren und Erinnerungen auf eine verdeckte und angenehmergetzende Weise in die Gemuther der Menschen einzuspielen, und diesen sonst trockenen und bittern Wahrheiten, durch die kunstliche Verkleidung in eine reizende Maßke, einen so gewissen Eingang in das menschliche Hertz zu verschaffen, daß es sich nicht erwehren kan, ihren heilsamen Nachdruck zu fühlen. Moralische Wahrheiten und Lehren, wenn sie mit dem gebietenden Thon und Ansehen eines Doctors vorgetragen werden, sind immer mit einer heimlichen Vorruckung unsrer moralischen Unvollkommenheit verbunden, und werden daher als so viele Anklagen und Bestrafungen angesehen, die nothwendig eine Beschamung erwecken, und eben deswegen dem stoltzen Menschen nicht anders, als unangenehm und widrig vorkommen mussen. Der angebohrne Hochmuth desselben kan es nicht vertragen, wenn andere sich vermessen, mit einer gebietenden Stimme und Doctor-massigen Mine seiner Freyheit Gesetze vorzuschreiben, und ihm Schranken zu setzen, noch weniger, wenn diese Erinnerungen und Lehren ihm eine heimliche Rothe auspressen, und ihn vor seinem eigenen Gewissen beschamt machen.
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Breitinger, J.J. (1978). Von der Esopischen Fabel (1740) (Auszug). In: Texte zur Theorie der Fabel. Sammlung Metzler. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03875-3_11
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03875-3_11
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
Print ISBN: 978-3-476-10169-3
Online ISBN: 978-3-476-03875-3
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