Zusammenfassung
Das souveräne Spiel des Dichters mit der traditionellen Liebesdichtung ist an den ersten Strophen des L (h. 1/7) abzulesen; auch dem T liegt die Idee des Testamentes eines unglücklichen Liebhabers zugrunde; das Thema der unglücklichen Liebe wird dort jedoch von anderen Themen — Armut-Reichtum, Schuld-Verurteilung, Alter-Jugend — unterbrochen, so daß von der Liebe mit verschiedenen Stimmen gesungen wird und Interferenzen mit anderen satirischen Aussagen des Werkes auftreten. Villon nennt im L zwar noch nicht den Namen seines literarischen Vorgängers für die Liebesdichtung; er gibt allerdings einen paradoxen Hinweis auf die zentrale Figur der Liebesdichtung, den schmachtenden Liebhaber: »Au fort, je suis amant martir / Du nombre des amoureux sains« (L, h. 6, v. 47/8). Die Anspielung läßt sich mit Hilfe einer Strophe aus der berühmtesten Liebesdichtung der Epoche, der »Belle dame sans mercy«, entschlüsseln. Der Autor, Alain Chartier, spricht davon, daß er anderen unglücklichen, »kranken Liebhabern« das Dichten überlasse, weil mit dem Tod seiner Dame auch seine Inspiration erloschen sei; es werden hier wie bei Villon (L, h. 6) konventionelle Motive der Liebesdichtung angesprochen: die Hingabe der Dame (»sa grace« — »alegement«), die geringe Aussicht des Verehrers, diese zu erlangen; der Abschied (von der Dame, von der Dichterei); das Liebeswerben als Krankheit, Leiden, Martyrium.
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Brockmeier, P. (1977). Testament eines unglücklichen Liebhabers: »Le Lais«. In: François Villon. Sammlung Metzler. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03867-8_23
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03867-8_23
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
Print ISBN: 978-3-476-10161-7
Online ISBN: 978-3-476-03867-8
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