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Verbindung der Künste und Verknüpfung der Sinne

Zur Wagner-Rezeption der Avantgarde in Frankreich

  • Chapter
Book cover Literaturwissenschaft und politische Kultur
  • 89 Accesses

Zusammenfassung

Die Wagnersche Programmatik einer Synthese der Künste als einer Synthese der Sinne war für die avantgardistischen Bewegungen der Moderne in ihrer Suche nach neuen Kommunikations- und Lebensstilen richtungsweisend. Alle künstlerischen Strömungen des ersten Drittels des 20. Jahrhunderts, die mit neuen Kunst- und Bildvorstellungen, mit neuen Materialien, Medien und Techniken experimentierten und damit auf neue Beziehungen zwischen Kunst und Leben zielten, setzten sich explizit oder implizit mit der Wagnerschen Ästhetik auseinander. Die Avantgarden vom Symbolismus über den Futurismus, vom Orphismus bis zum Konstruktivismus fanden im Wagnerschen Konzept des Gesamtkunstwerks die Kontrastfolie, vor der sich ihre Konzepte und Praktiken einer Synthese von Künsten und Medien profilierten. Daß die Wagner-Rezeption zum Teil über Mißverständnisse oder Verfälschungen wirksam war, schmälerte nicht ihre Funktion als Katalysator für unterschiedlichste kulturelle Strömungen. Die internationale avantgardistische Bewegung, die sich seit der Jahrhundertwende in Paris etablierte, ehrte Wagner entweder als Vorläufer, der unter den neuen Bedingungen weitergedacht werden muß (beispielsweise D’Annunzio, der ihn »latinisieren« wollte) oder denunzierte ihn als »faux précurseur« und »faux apôtre«.

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Notizen

  1. Vgl. Richard Wagner, Das Kunstwerk der Zukunft, in: ders., Gesammelte Schriften, hg. v. Julius Kapp, Bd. 10, Leipzig 1914, S. 81.

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  2. Wundt (1874), Fechner (1876) und Lipps (1903) verwiesen auf unbewußte, assoziative Erkenntnisprozesse als Grundlage für synästhetische Wahrnehmungen. Kaiser (1872–1874) sieht in den Synästhesien eine Mnemotechnik und eine frühkindliche Wahrnehmungsform. Vgl. Albert Wellek, Zur Geschichte und Kritik der Synästhesieforschung, in: Archiv für die gesamte Psychologie, Nr. 3–4, Leipzig 1931, S. 325–326.

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  3. Seidl, Arthur: Die Hellerauer Schulfeste und die Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze, Regensburg 1913, S. 46.

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  4. Vgl. Kenneth E. Silver, Esprit de Corps. The Art of the Parisian Avantgarde and the First World War, 1914–1925, Princeton 1989, S. 22.

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  5. »Das Neue ist das Leben, die natürliche Ordnung: Jedermann, der einfachste Handwerker hat Augen, um zu sehen, daß es Farben gibt, daß diese Farben Spiele ausdrücken, Modulationen, Gegengewichte, Fugen, Tiefen, Schwingungen, Akkorde, monumentale Vereinigungen, d. h. Ordnung, nicht durch Zwang, sondern nach dem Menschen eingeborenen Maßen, daß sie unseren Sinnen sofort einleuchten. Der Mensch jedoch, der seine intuitiven Fähigkeiten anruft und sie berührbar macht durch die Universalsprache der Farben (Robert Delaunay, zit. n.: Peter A. Riedl, Abstrakte Kunst und der Traum von der rezeptiven Gesellschaft, in: Festschrift für Klaus Lankheit, hg. v. Wolfgang Hartmann, Köln 1973, S. 69).«

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  6. »Lohengrin schien mir aber eine volllkommene Verwirklichung dieses Moskau zu sein. Die Geigen, die tiefen Baßtöne und ganz besonders die Blasinstrumente verkörperten damals für mich die ganze Kraft der Vorabendstunde. Ich sah alle Farben im Geiste, sie standen vor meinen Augen. Wilde, fast tolle Linien zeichneten sich vor mir. Ich traute mich nicht, den Ausdruck zu gebrauchen, daß Wagner musikalisch ›meine Stunde‹ gemalt hatte. Ganz klar wurde mir aber, dass die Kunst im allgemeinen viel machtvoller ist, als sie mir vorkam, daß andererseits die Malerei ebensolche Kräfte wie die Musik besitzt, entwickeln könne (Wassily Kandinsky, Rückblicke, in: ders., Die gesammelten Schriften, hg. v. Hans K. Roethel u. Jelena Hahl-Koch, Bd. 1, Bern 1980, S. 33).«

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  7. Kandinsky, Wassily: De la méthode du travail synthétique, abgedruckt in: Kandinsky, Catalogue établi par C. Dérouet et J. Boissel, Paris, Centre Pompidou, Musée National d’Art Moderne, 1984/1985, S. 158.

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  8. Vgl. Ricciotto Canudo, Le livre de l’évolution de l’homme. Psychologie musicale des civilisations, Paris 1908, S. 8.

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  9. Für Delaunay bedeutete dieses Bild den Zugang zu einem neuen Verständnis der modernen Kultur über ein neues Sehen. Vgl. Robert Delaunay, Cahiers, nachgedruckt in: Du cubisme à l’art abstrait. Les cahiers inédits de Robert Delaunay. Documents inédits publiés par Pierre Francastel et suivis d’un catalogue de l’Œuvre de R. Delaunay par Guy Habasque, Paris 1957, S. 87.

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  10. Vgl. Guillaume Apollinaire, L’Esprit Nouveau et les poètes, in: ders., Œuvres en prose complètes. Textes établis, présentés et annotés par Pierre Caizergues et Michel Décaudin, tome II, Paris 1991, S. 944.

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Winfried Menninghaus Klaus R. Scherpe

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© 1999 Springer-Verlag GmbH Deutschland

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Baxmann, I. (1999). Verbindung der Künste und Verknüpfung der Sinne. In: Menninghaus, W., Scherpe, K.R. (eds) Literaturwissenschaft und politische Kultur. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03797-8_18

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  • Print ISBN: 978-3-476-01734-5

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