Eine Lanze für das Clavichord

Zusammenfassung

Nahezu ohne Konkurrenz sind die — wenigen — Aufnahmen mit Bachs „Keyboard Music” auf dem Clavichord. Dabei spricht gerade in Hinblick auf seine mediale Präsentation vieles für dieses leiseste aller Instrumente. Auf der Platte ist das Clavichord dem Cembalo jedenfalls haushoch überlegen, zumindest was das solistische Konzertieren betrifft, und die rauschfreie bzw. rauscharme digitale Aufnahme- und Speichertechnik bekommt ihm besonders gut. Voraussetzung ist allerdings, dass das Instrument adäquat, d.h. mit äußerster Sensibilität des Anschlags, gespielt wird. Nur wenige Spieler setzen das Instrument idiomatisch ein, spielen weder Orgel noch Cembalo auf ihm, sondern „singen“, ohne in redundantes Leiern zu verfallen. Friedrich Gulda versuchte sich mit der Chromatischen Fantasie und Fuge am Clavichord und überzeugte vor allem im rezitativischen Teil der Komposition durch eine differenzierte, die Klangmöglichkeiten dieses Instruments voll ausschöpfende Spielweise mit Crescendi und Bebungen (Amadeo: AVRS 64487 — LP; AD: 1978). Leider klang das ihm zur Verfügung stehende Instrument spröde und nasal, und in der Fuge fehlte es dann doch an Durchsichtigkeit, was zeigt, dass die Tastatur des Clavichords doch eine ganz besonders delikate Spieltechnik verlangt. Selbst Gustav Leonhardt fällt es nicht immer leicht, sich von der so unterschiedlichen Anschlagskultur des Cembalos zu befreien (Fantasie und Fuge a-Moll BWV 904, Französische Suite Nr. 2 c-Moll BWV 813; Philips: 422 249–2 — CD; AD: 1988).