Zusammenfassung
In der Heinrich-Heine-Forschung hat Elise Krinitz, alias Camille Seiden, einen festen Platz: Durch ihr Buch »Les derniers jours de Henri Heine«, das 1884 erschien, wurde sie schlagartig weltberühmt, und in jeder Heine-Biographie wird sie als seine letzte Freundin, die er zärtlich »Mouche« nannte, angemessen gewürdigt. Schon zuvor hatte sie sich — zumindest in Frankreich — durch ihre Publikationen als Schriftstellerin einen Namen gemacht. Über ihre Herkunft findet man in der Sekundärliteratur jedoch recht unterschiedliche Informationen: Sie soll aus Sachsen, Österreich, Ungarn oder Prag stammen, und als Geburtsjahr werden Daten zwischen 1828 und 1835 angegeben. Einigkeit besteht im allgemeinen darüber, daß sie adoptiert wurde und danach den Namen Elise Krinitz oder Elise de Krinitz trug; »Camille Seiden« wurde ihr Künstlername, unter dem sie u. a. auch ihr Buch über die letzten Tage Heines veröffentlicht hat.
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Anmerkungen
Das Original befindet sich in Paris, Bibliothèque nationale de France, franç. 13304. Das Manuskript der deutschen Übersetzung von Eugen Sierke, dem Herausgeber von »Schorers Familienblatt«, befindet sich im Heinrich-Heine-Institut, Düsseldorf.
Fritz Mauthner: Eine Erinnerung an Heines Mouche. — In: Berliner Tageblatt, 15. August 1896.
Friedrich Hirth: Heinrich Heines letzte Liebe. — In: Das goldene Tor. 2 (1947), S. 408–421, hier S. 409.
Corinne Pulver: Mouche. Heinrich Heines letzte Liebe. Düsseldorf 1993, S. 44: »Immerhin, sie war die uneheliche Tochter des Grafen Nostiz und einer Gouvernante, wissen wir jetzt.«
Ebd., S. 49.
Ebd., S. 49f.
Jean Wright: Un intermediaire entre l’esprit Germanique et l’esprit Français sous le Second Empire. Camille Seiden. Sa vie — son œuvre. Paris 1931, S. 13.
Die entsprechenden Dokumente sind bei Wright [Anm. 7] im Anhang abgedruckt (S. 235–238).
Wright [Anm. 7], S. 13.
Taufnachrichten für die Kirche zu Belgern, 1822–1833, Blatt 58v–59r, 1825/43.
Das Kirchenbuch vermerkt: »1) Frau Johanna Eleonora Ehrlich, Mstr. Karl Friedrich Ehrlichs, B. und Weißbäckers, wie auch Mitglieds der löbl. Cantorey-Gesellschaft allhier, Ehefr. 2) Hr. Gottlieb Samuel Oelzner, Bürger, Schneidermeister, Kirchenvorsteher u. Brau-Syndicus allhier. 3) Frau Johanna Eleonora, Mstr. Joh. August Döbters, B. und Fleischhauers allhier, Ehefrau.«
Toten Anzeigen von 1806 bis 1831, Tom. IV. Blatt 130, 1825/19.
Die Informationen über Andreas Krinitz und seine Kinder entstammen dem Kirchenbuch von Crandorf (1711–1758: Geburten, Trauungen, Todesfälle).
Florentina Elisabeth Straube war die zweite Ehefrau von Andreas Krinitz (seine erste Gattin Christina, geb. von Uttenhofen, war 1732 gestorben). Die Hochzeit erfolgte am 26. April 1735 in Schwarzenberg; siehe Kirchenbuch Schwarzenberg, St. Georgen, Trauungen, 1735/1.
Siehe Kirchenbuch Schwarzenberg, St. Georgen, Taufen, 1745/57. Der Vater, Andreas Krinitz, war kurz zuvor (am 1. Oktober 1745) in Crandorf gestorben.
Christian Friedrich Krinitz, 21. Oktober 1739 in Crandorf, † 4. April 1798 in Bautzen, war »Erster Notarius und Kanzellist beym Churfürstl. Oberamt allhier« (Bautzen, St. Petri, Begräbnis-Buch 1776–1779, S. 962).
Zur Unterstützung des Landeshauptmanns gab es einen Kammerprokurator, einen Sekretär und einen Kassierer. Die 1821 eingerichtete Oberamts-Regierung war in oberer Instanz für alle in Justiz-, Polizei-, Lehn-, Kirchen- und Schulsachen vorkommenden Geschäfte zuständig. Siehe Richard Reymann: Geschichte der Stadt Bautzen. Bautzen 1902, vor allem S. 868–888.
Bautzen, St. Petri, Begräbnis-Buch 1813–1829, f. 240v–241r [1824, Nr. 14].
Im Kirchenbuch wird ihr Vater, Christian Gottfried Prenzel, als »wohl bestalter Vorsteher der Kirchen St Petri und St Michaelis wie auch Vornehmer Kauff und Handels Herr hieselbst« bezeichnet (Bautzen, St. Petri, Traubuch 1737–1782, S. 887 [1778, Nr. 37]. — Geburts- und Todesdaten von Friederica Carolina Prenzel: St. Petri, Taufbuch 1751–1759, S. 2189; Begräbnis-Buch 1800–1812, S. 2f. [1800, Nr. 3]).
Siehe Bautzen, St. Petri, Taufbücher 1775–1781, 1782–1790, 1791–1799.
Bautzen, St. Petri, Taufbuch 1775–1781, S. 499 [1780, Nr. 132].
Bautzen, St. Petri, Taufbuch 1782–1790, S. 1072 [1785, Nr. 190].
Siehe den Heirats- und Todeseintrag [Anm. 24 und 25].
Bautzen, St. Petri, Traubuch 1800–1813, S. 338f. [1812, Nr. 24].
Dresden-Neustadt, Dreikönigskirche, Kirchenbuch 1817, Verstorbene, S. 29f., Nr. 140.
Dresden-Neustadt, Dreikönigskirche, Kirchenbuch 1818, Trauungen, Nr. 56. Demnach fand die Trauung in Bautzen statt. In den Kirchenbüchern in Bautzen ist die Hochzeit allerdings nicht vermerkt.
Zu F. L. Koch und seiner Familie siehe: Fooke Hoissen Müller: Sämtliche Gedichte. Kritisch herausgegeben und eingeleitet von Menso Folkerts. Aurich 1998, S. XLf. und die Aufzeichnungen von Dr. Georg Meyer, der genealogische Untersuchungen u.a. zur Familie des Superintendenten Friedrich Leberecht Koch durchgeführt hat. Diese Aufzeichnungen, die im folgenden als »Familienpapiere G. Meyer« bezeichnet werden, befinden sich im Besitz von Frau U. Meyer-Hoissen, Bielefeld.
Dies folgt aus einem Eintrag im Tagebuch von Emilies Schwester Rosalie (im Besitz von U. Meyer-Hoissen). Hirth [Anm. 3, S. 411] berichtet, das Ehepaar Krinitz sei im Jahre 1824 aus Leipzig nach Paris verzogen.
Dies wird in den Tagebüchern von Rosalie und Henriette bezeugt.
Henriette schrieb in ihr Tagebuch: »Am 12. 6. 1826 starb die kleine Georgine, welche meine Schwester Emilie ganz zu sich nehmen wollte.« (Zitat aus den Familienpapieren G. Meyer.) Den Tod »unsrer kleinen Georgine« erwähnt auch Rosalie Koch am 13. 6. 1826 in ihrem Tagebuch und fügt wenig später hinzu: »Emilie hatte schon vor Empfang der Todes-Nachricht der Georgine auf dieses Kind verzichtet, da es von dem Oncle Burdach […] für kränklich gehalten wurde.«
Dies war im Tagebuch von Emilies Schwester Henriette Hänsel, geb. Koch, vermerkt (Familienpapiere G. Meyer). Emilie wurde von ihrer Schwester Franziska begleitet, die sie zuvor in Paris besucht hatte.
Anfragen bei Archiven in Leipzig, Dresden, Merseburg und Berlin brachten keine Ergebnisse; die Akten über Adoptionen in dieser Zeit sind nur bruchstückhaft erhalten.
Im Besitz von U. Meyer-Hoissen. — Der Eintrag ist nicht datiert.
Über diesen Aufenthalt berichtet Emilies Schwester Rosalie ausführlich in ihrem Tagebuch.
Ob diese Reise während des Besuchs im Jahre 1828 erfolgte, ist aus dem Bericht, den Rosalie Koch schrieb, nicht erkennbar.
Es sind die Nummern 2.15–2.17 und 3.2 in der Ausgabe der Gedichte Müllers (Folkerts [Anm. 27]). Die beiden Gedichte 2.15 und 3.2 schrieb Müller in den Jahren 1831 bzw. 1834 an Emilie und das Gedicht 2.17 vermutlich 1832 an Elise. Das Gedicht 2.16 mit dem Titel »An den Großvater. Zum Geburtstage, 28. Dec. 1831« schrieb Müller für Elise (s. Anhang).
Der Brief, der sich im Besitz von U. Meyer-Hoissen befindet, ist hier in Faksimile abgedruckt. Das in dem Brief erwähnte Kind (»mon petit cousin«), dessen Geburt bevorstand und für das die kleine Elise Strümpfe strickte, war Helene, die älteste Tochter von F. H. Müller und seiner Ehefrau Rosalie, die am 17. Februar 1833 geboren wurde.
Die Memoiren der Mouche, der letzten Liebe Heinrich Heines. Herausgegeben von Eugen Sierke. — In: Schorers Familienblatt. V (1884), S. 247.
Ebd. und Wright [Anm. 7], S. 10f.
Memoiren [Anm. 38], S. 247.
Wright [Anm. 7], S. 12.
Memoiren [Anm. 38], S. 279 und Wright [Anm. 7], S. 14f.
In ihren Tagebüchern, die sich im Besitz von U. Meyer-Hoissen befinden, spielen Turteltauben eine besondere Rolle.
Siehe hierzu die Biographie in Folkerts [Anm. 27].
Camille Seiden: Daniel Vlady. Paris 1862, S. 293: »un homme peut passer douze heures par jour dans le sanscrit ou l’algèbre et cependant sentir la musique«. — Siehe Wright [Anm. 7], S. 99f.
Wesentliche Informationen findet man in Alfred Meißner: Heine’s Mouche. — In: A. M.: Kleine Memoiren. Berlin 1868, S. 141–154; Alfred Meißner: Geschichte meines Lebens. 2 Bde. Wien/Teschen 1884; Bd. I, S. 281–284; S. 173–175 und 335–341; Gustav Karpeles: Die Mouche. — In: G. K.: Heinrich Heine und seine Zeitgenossen. Berlin 1888, S. 219–231; Marianne Gagnebin: Une muse romantique. Elise de Krinitz, née en Saxe en 1829, morte à Rouen en 1896. — In: Mercure de France, 223, 1930, S. 513–553; Hirth [Anm. 3]. — Pulver [Anm. 4] hat in ihrer Biographie die älteren Berichte, vor allem die Darstellung von Meißner, mit den Memoiren der Mouche [Anm. 1] verglichen.
Es gibt einen Brief von F. H, Müller an seine Ehefrau Rosalie (im Besitz von U. Meyer-Hoissen) und ein Gedicht Müllers aus diesem Jahr (Folkerts [Anm. 27], Nr. 3.2), die beide auf dieses Ereignis und die damit für Emilie und Elise verbundenen Probleme anspielen.
Eintragungen in den Tagebüchern von Rosalie Müller, geb. Koch.
Die Informationen über diese Phase ihres Lebens beruhen auf Berichten von Heines Schwester Charlotte Embden (Werner II, 454–456) und Heines Nichte Maria (Erinnerungen an Heinrich Heine von seiner Nichte Maria Embden-Heine, Principessa della Rocca. Hamburg 1881, S. 146–151). Nach Hirth [Anm. 3, S. 412] sind diese Angaben erdichtet.
Dieser Brief vom 2. März 1856 ist abgedruckt bei Hirth [Anm. 3], S. 413f.
Dies ersieht man aus einem Brief, den Emilie Krinitz am 1. August 1866 an ihre Schwester Henriette schickte (im Besitz von U. Meyer-Hoissen). Dort heißt es in Verbindung mit der Möglichkeit, daß der sächsische Gesandte abgezogen werden könnte: »Wir dürfen nicht daran denken, was dies für ein Verlust für Elise wäre. Nicht nur daß dieses Haus ein wesentlicher Anhalt für ihre carière ist, sondern die freundlichen liebevollen Gesinnungen die sie für Elise haben, haben diese so an sie gefesselt daß sie sich immer bei ihnen heimisch wie bei lieben Verwandten fühlte.« — Albin Leo von Seebach (1811–1884) war seit 1852 sächsischer Gesandter in Paris; siehe ADB 33, 1891, S. 554.
Hirth [Anm. 3], S. 419.
11. Abteilung, 4. Reihe, Nr. 16. Schon 1862 wurde die Dauernutzung genehmigt. Siehe Wright [Anm. 7], S. 229, Anm. 2.
Wright [Anm. 7], S. 229, Anm. 1; Faksimile in Pulver [Anm. 4], S. 255.
Fooke Hoissen Müller: Sämtliche Gedichte [Anm. 27], Nrn. 2.15; 2.16 und 2.17; vgl. auch Anm. 36.
Das Gedicht wurde unmittelbar nach dem Tod von Franziska, einer Schwester von Emilie Krinitz, am 4. 12. 1831 geschrieben.
Das Gedicht schrieb F. H. Müller für das Kind Elise Krinitz zum 70. Geburtstag des Großvaters, des Superintendenten Friedrich Leberecht Koch.
Das Gedicht ist vermutlich nicht viel später entstanden als das vorherige.
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Folkerts, M. (1999). Wer war Heinrich Heines »Mouche«?. In: Kruse, J.A. (eds) Heine-Jahrbuch 1999. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03788-6_7
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