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»Bach ist tot — es lebe Bach!« — der Komponist und die Nachwelt

  • Chapter
BACH 2000
  • 59 Accesses

Zusammenfassung

Bachs Musik ist heute so verfügbar wie nie zuvor. Mehr als die weltweiten Aufführungen sind die unzähligen Tonträger Teil jenes großen »imaginären Museums« (André Malraux), in der alle Kunst der Vergangenheit in Original oder Reproduktion verfügbar ist. Bach-Aufnahmen — von der alten Schellackplatte bis zur modernen digitalen CD — sind zugleich Dokumente eines je eigenen Bach-Verständnisses. Zwischen den monumentalen Bearbeitungen eines Leopold Stokowski und den Aufnahmen in »historischer Aufführungspraxis« liegen musikalische Welten. Die Auffassungen von Bachs Musik sind einem stetigen Wandel unterworfen. Das war freilich auch schon vor der Erfindung der Schallplatte so. Wie sehr die jeweils eigenen, zeitbedingten ästhetischen Vorstellungen die Interpretation und Wahrnehmung von Bachs Musik geprägt haben, mag ein kleines Beispiel verdeutlichen:

Philipp Spitta bezeichnete 1873 das berühmte C-dur-Praeludium aus dem ersten Teil des Wohltemperirten Claviers als »Stück von unsäglichem [d.h. unsagbarem] Zauber, über das eine große, selige Melodie körperlos hinzieht, wie Engelsgesang durch die stille Nacht über flüsternde Büsche und Bäume«. Einmal ganz abgesehen von der romantisch-poetischen Sprache dieses Bildes: Der Vergleich mit einem »Engelsgesang« macht deutlich, daß der Gelehrte hier nicht Bachs Original, sondern Charles Gounods Méditation sur le premier prélude de piano de S. Bach von 1853 im Ohr hatte, genauer: die 1859 erstmals aufgeführte Vokalform dieser Bearbeitung mit dem Titel Ave Maria.

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© 1999 Springer-Verlag GmbH Deutschland

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Sandberger, W. (1999). »Bach ist tot — es lebe Bach!« — der Komponist und die Nachwelt. In: BACH 2000. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03773-2_25

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03773-2_25

  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

  • Print ISBN: 978-3-476-01670-6

  • Online ISBN: 978-3-476-03773-2

  • eBook Packages: J.B. Metzler Humanities (German Language)

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