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Heines »Geschichtsschreibung der Gegenwart«

Zu Artikel VI der »Französischen Zustände«

  • Chapter
Aufklärung und Skepsis
  • 286 Accesses

Zusammenfassung

Mein Thema wird Heines Geschichtsbegriff sein. Am Beispiel seines »Geschichtsbuches« »Französische Zustände« soll gezeigt werden, wie der Autor in der intensiven Auseinandersetzung mit Hegels Geschichtsphilosophie einen eigenen, dem Hegeischen Ansatz verpflichteten, diesen aber kritisch befragenden ›Begriff der Geschichte‹ herausarbeitet. Die Besonderheit liegt darin, daß die Diskussion des hegelianischen Weltbildes überwiegend nicht-diskursiv geführt wird. Sie findet vielmehr an entscheidenden Stellen immer wieder mittels einer schriftstellerischen Bildarbeit statt, deren Stellenwert bis heute unterschätzt wird.1

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Anmerkungen

  1. Zum »Sinn der Schreibart« Heines vgl. Wolfgang Preisendanz: Heinrich Heine. Werkstrukturen und Epochenbezüge. 2., vermehrte Aufl. München 1983, S. 71ff.

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  2. Susanne Zantop bildet eine Ausnahme, wenn sie die Gesamtkomposition des Artikels als Auseinandersetzung mit und Gegenentwurf zu Rankes Geschichtsschreibung interpretiert. Auf ihren Aufsatz wird unten eingegangen. Susanne Zantop: Verschiedenartige Geschichtsschreibung: Heine und Ranke. — In: HJb 23. 1984, S. 42–68.

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  3. Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte. — In: Ders.: Werke. Redaktion Eva Moldenhauer und Karl Markus Michael. Frankfurt/M. 1986, Bd. XII, S. 87.

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  4. Margaret A. Clarke: Heine et la Monarchie du Juillet. Paris 1927, S. 113.

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  5. Dies fuhrt im übrigen dazu, daß man in der Düsseldorfer wie auch in der Säkularausgabe die ursprüngliche Einordnung der »Beylage zu Artikel VI«, wie sie die Walzeische und die Ausgabe von Briegleb zeigen, für einen Irrtum hält. Der Meister der »Anordnung« und »Zusammenstellung« (vgl. Albrecht Betz: Ästhetik und Politik. Heinrich Heines Prosa. München 1971, S. 38f.) wurde also korrigiert. Das Vorziehen der Beilage hätte konsequenterweise zum Weglassen des Einleitungssatzes von Artikel VII führen müssen, der damit unsinnig geworden ist. Es lassen sich durchaus einleuchtende inhaltliche Gründe für die »falsche« Plazierung finden. Denn Heine stellt in der Beilage vor allem Mirabeau vor als »Verkünder jenes konstituzionellen Königthums«, das nach seinem Bedünken »der Wunsch jener Zeit war« (149). »Dieser konstituzionelle Royalismus« ist in seinen Augen eine verpaßte Chance in der französischen Geschichte und folgt logisch auf Artikel IX, wo erläutert wird, was unter Royalismus überhaupt zu verstehen sei. Die Beilage leitet die unterschiedliche Richtung her, die die historische Entwicklung in Deutschland (der Protestantismus und seine Folgen; 142f.) und in Frankreich (die Revolution seit 1789; ebd., 143f.) genommen hat, und begründet so den aktuellen Zustand beider Länder, der in Bezug auf Deutschland erst in Artikel IX geschildert worden ist. Warum aber ließ sich die Beilage so einfach im Gesamttext schieben? Weil der historische Rückblick, der so am Ende aller längeren Artikel steht, den Schlüssel nicht nur für Artikel VI, sondern auch für Artikel IX liefert (das müßte jedem Leser deutlich sein) und, nimmt man die methodologischen Reflexionen des Geschichtsschreibers der Gegenwart in Artikel VI ernst, auch für alle übrigen Artikel der »Französischen Zustände«.

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  6. Rutger Booß: Empirie und Fiktion. Die Juli-Revolution und die Anfange von Heines Pariser Berichterstattung, S. 78. — In: Heinrich Heine. Artistik und Engagement, hrsg. von Wolfgang Kuttenkeuler. Stuttgart 1972, S. 66–85.

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  7. Ingrid Oesterle: Der »Führungswechsel der Zeithorizonte« in der deutschen Literatur. Korrespondenzen aus Paris, der Hauptstadt der Menscheitsgeschichte, und die Ausbildung der geschichtlichen Zeit »Gegenwart«. — In: Studien zur Ästhetik der Kunstperiode, hrsg. von Dirk Grathoff. Frankfurt/M., Bern, New York 1985, S. 12.

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  8. Vgl. etwa die Zusammensetzung der »Bastille-Sieger« nach Michel Vovelle: Die Französische Revolution. Soziale Bewegung und Umbruch der Mentalitäten. Frankfurt/M. 1985, S. 95.

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  9. Rutger Booß: Ansichten der Revolution. Paris-Berichte deutscher Schriftsteller nach der Julirevolution 1830. Heine, Börne u.a. Köln 1977, S. 131.

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  10. Aus unserer Analyse können wir folgern, daß Krügers Meinung sich nicht halten läßt, wenn er glaubt, die Zeit von 1829 bis 1832 sei eine Phase der »Insurrektion gegen Hegel« gewesen und die Zeit der »Lutezia«-Berichte eine der »Hegel-Adoration« (Eduard Krüger: Heine und Hegel: Dichtung, Philosophie und Politik bei Heinrich Heine. Kronberg/Ts. 1977, S. 48f).

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  11. Während Krüger »Heines oppositionelle Stellung zu Hegel um 1830 als eine zeitliche Episode seiner weltanschaulichen Entwicklung« (ebd., S. 40) wertet, sind wir uns mit anderen Interpreten einig, daß eine »mitgebrachte kritische Einrede« (Friedhelm Schumacher: Der Stillstand der Zeit. Heine nach 1848. [Inaugural-Diss.] Hamburg 1989, S. 129) für das Lebensrecht Heines Aneignung der Hegeischen Philosophie begleitet. Krüger entgeht die große Nähe der »Französischen Zustände« zu einer fortschrittlichen Interpretation der Hegeischen Geschichtsphilosophie, da er sich auf die expliziten Äußerungen Heines über Hegel konzentriert (vgl. Krüger, S. 33–40) und die Textuntersuchung vernachlässigt. Wenn Heine Anfang der dreißiger Jahre Hegel offen kritisiert, so aufgrund des »durchaus widersprüchlichen Verhältnisses zwischen Hegel und der politischen Macht in Preußen.

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  12. Darauf spielt indirekt alle von Heine gegen Hegel gerichtete Kritik an« (Jean-Pierre Lefebvre: Der gute Trommler. Heines Beziehung zu Hegel. Hamburg 1986, S. 191).

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Joseph A. Kruse Bernd Witte Karin Füllner

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Lämke, O. (1999). Heines »Geschichtsschreibung der Gegenwart«. In: Kruse, J.A., Witte, B., Füllner, K. (eds) Aufklärung und Skepsis. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03751-0_41

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03751-0_41

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