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Venus — Madonna — Maria

Über Heines Marienverständnis

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Aufklärung und Skepsis

Zusammenfassung

Es sei mit einem Heineschen ›Geständnis‹, natürlich aus seinen »Geständnissen«, begonnen:

Als Denker, als Metaphysiker, mußte ich immer der Consequenz der römisch-katholischen Dogmatik meine Bewunderung zollen; auch darf ich mich rühmen, weder das Dogma noch den Cultus je durch Witz und Spötterey bekämpft zu haben […]. Ich war immer ein Dichter, und deßhalb mußte sich mir die Poesie, welche in der Symbolik des katholischen Dogmas und Cultus blüht und lodert, viel tiefer als andern Leuten offenbaren […]: auch ich schwärmte manchmal für die hochgebenedeite Königinn des Himmels, die Legenden ihrer Huld und Güte brachte ich in zierliche Reime, und meine erste Gedichtesammlung enthält Spuren dieser schönen Madonna-Periode, die ich in spätem Sammlungen lächerlich sorgsam ausmerzte. (DHA XV, 50f.)1

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Anmerkungen

  1. Vgl. Walter Delhis: Geschichte der Marienverehrung. München, Basel 1963, S. 258ff.

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  2. Michel Espagne: Die tote Maria: ein Gespenst in Heines Handschriften. — In: DVjS 57. 1983, S. 289–320, hier: S. 307. Heine habe in den zwanziger Jahren das überlebte Italien mit einer pantheistisch en bzw. materialistischen, aber gerade deshalb unbeweglichen und toten Natur- und Geschichtssubstanz in eins gesetzt. Diesem toten Substrat gegenüber reklamiere Heine einen politischen Anspruch des tätigen Subjekts, den er hauptsächlich der aufgeklärten Kunst nordwärts der Alpen zuschreibe. Maria wiederum verkörpere diesen geheimen Heineschen Widerspruch von Substanz und Subjekt: Ebenso substanzhaft-tot wie subjektiv-lebendig versinnbildliche sie als Gespenst die Heineschen Unentschiedenhehen.

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  3. Vgl. Jürgen Fohrmann: Von der marmornen Venus und von der toten Maria. — In: Ich Narr des Glücks. Katalog zur Ausstellung »Heinrich Heine 1797–1856«, hrsg. von Joseph A. Kruse. Stuttgart 1997, S. 401–406.

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  4. Vgl. zu diesen Kevelaer-Wallfahrten insgesamt:: Die Gottesmutter. Marienbild im Rheinland und in Westfalen, hrsg. von Leonhard Küppers. 2 Bde. Recklinghausen 1974.

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  5. Zu diesem spannungsreichen Verhältnis von Frau und mythischer Frauengestalt bei Heine vgl. Wulf Wülfing: Zur Mythisierung der Frau im Jungen Deutschland. — In: Zeitschrift für Deutsche Philologie 99. 1980, S. 559–581.

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  6. Zur langen Tradition des protestantischen Marienlobes vgl. Karl Josef Baudenbacher: Marienpreis nichtkatholischer Dichter. Ein Beitrag zur Apologie der Marienverehrung. Regensburg 1914;

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  7. Reintraut Schimmelpfennig: Die Geschichte der Marienverehrung im deutschen Protestantismus. Paderborn 1952.

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  8. Mit der hier vorgeschlagenen Deutung scheint der Hinweis Manfred Schneiders, in Heines Verhältnis zu Laurence bzw. Maria seine zwiespältige Einstellung zur bacchantischen Körpersprache der Revolution zu erkennen, problematisch zu werden. Vgl. Manfred Schneider: Die kranke, schöne Seele der Revolution. Heine, Börne, das »junge Deutschland«, Marx und Engels. Frankfurt/M. 1980, S. 76ff.

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  9. Vgl. Dolf Sternberger: Heinrich Heine und die Abschaffung der Sünde. Hamburg und Düsseldorf 1972, S. 79ff.

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  10. Auch in den dreißiger Jahren, in Überarbeitung der bereits aus dieser Italienzeit stammenden Vorlagen für die »Florentinischen Nächte«, hält Heine sich gelegentlich für den »Gatten der Jungfrau«. Vgl. Michel Espagne: Das Geräusch der Stille. Heines Handschriften zum dritten Salon-Band. — In: Heinrich Heine und das neunzehnte Jahrhundert: Signaturen. Neue Beiträge zur Forschung, hrsg. von Rolf Hosfeld, Berlin 1986, S. 49–72, hier: S. 62.

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  11. Zu Heines wechselnden Identifikationen mit Christus vgl. insgesamt Beate Wirth-Ortmann: Heinrich Heines Christusbild. Grundzüge seines religiösen Selbstverständnisses. Paderborn, München, Wien, 1995, S. 34f, 56ff, 179ff

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  12. Vgl. Michael Werner/ Michel Espagne: Horace Vernet und die Tendenzdichter. Zu Heines Kunstauffassung während der vierziger Jahre. — In: Text und Kritik 18/19. 41982, S. 2–15.

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  13. Über den engen Zusammenhang der »Neuen Gedichte« mit dem »Wintermährchen« vgl. Joseph A. Kruse: Ein neues Lied vom Glück? Heinrich Heines »Deutschland. Ein Wintermährchen«. — In: Philosophie, Literatur und Politik vor den Revolutionen von 1848. Zur Herausbildung der demokratischen Bewegungen in Europa, hrsg. von Lars Lambrecht. Frankfurt/M., Berlin, Bern 1996, S. 135–151, hier: S. 138ff.

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  14. Zu Heines wechselnden Positionen in dieser Frage vgl. DHA IV, 1102f. Zum Umfeld insgesamt Leo Haupts: Die Kölner Dombaufeste 1842–1880 zwischen kirchlicher, bürgerlichnationaler und dynastisch-höfischer Selbstdarstellung. — In: Öffentliche Festkultur. Politische Feste in Deutschland von der Aufklärung bis zum Ersten Weltkrieg, hrsg. von Dieter Düding, Peter Friedemann, Paul Münch. Reinbek 1988, S. 191–211.

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  15. Zu betont regressiven Vereinnahmungen religiöser Kulte im Jahre 1844, die Heines abwartende Position aus dem »Wintermährchen« erklärlicher machen vgl. Wolfgang Schieder: Kirche und Revolution. Zur Sozialgeschichte der Trierer Wallfahrt von 1844. — In: Archiv für Sozialgeschichte 14. 1974, S. 419–455.

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  16. Vgl. Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Ästhetik (2. Aufl. 1842). Berlin 1955, Bd. I, S. 521f.

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  17. Vgl. Georg Weerth: Humoristische Skizzen aus dem deutschen Handelsleben (1845–48). - In: Ders.: Sämtliche Werke in fünf Bänden, hrsg. von Bruno Kaiser. Berlin 1956, Bd. II, S. 405.

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  18. Vgl. Wilhelm Gössmann: Die theologische Revision Heines in der Spätzeit. — In: Internationaler Heine-Kongreß 1972, hrsg. von Manfred Windfuhr. Hamburg 1972, S. 320–335, hier: S. 328.

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  19. Manfred Windfuhr: Heinrich Heine. Revolution und Reflexion. Stuttgart 21976, S. 279.

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  20. Zur kontroversen Diskussion um Heines mythologisches Verfahren vgl. Markus Küppers: Heinrich Heines Arbeit am Mythos. Münster, New York 1994

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  21. Markus Winkler: Mythisches Denken zwischen Romantik und Realismus. Zur Erfahrung kultureller Fremdheit im Werk Heinrich Heines. Tübingen 1995.

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  22. Zu Heines nonchalantem Umgang mit Göttern und Mythen vgl. Joseph A. Kruse: »Die wichtigste Frage der Menschheit«: Heine als Theologe. — In: Heinrich Heine im Spannungsfeld von Literatur und Wissenschaft, hrsg. von Wilhelm Gössmann und Manfred Windfuhr. Essen 1990, S. 81–98, hier: S. 87.

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  23. Diese Marienlegenden kamen etwa ab 1300 auf. Seit dem 15. bzw. 16. Jahrhundert stand die verklärende Leidensmilderung des sterbenden Christus dabei im Mittelpunkt. Vgl. Klaus Schreiner: Maria. Mutter. Jungfrau. Herrscherin. München, Wien 1996, S. 104ff.

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Joseph A. Kruse Bernd Witte Karin Füllner

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Briese, O. (1999). Venus — Madonna — Maria. In: Kruse, J.A., Witte, B., Füllner, K. (eds) Aufklärung und Skepsis. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03751-0_29

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