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Aufklärung, Hegelianismus und Judentum im Lichte der Freundschaft von Heine und Gans

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Aufklärung und Skepsis

Zusammenfassung

Heines Publikationen, seine unveröffentlichten Manuskripte und seine Briefe enthalten eine so große Zahl von offenen und versteckten Anspielungen auf den hegelianischen Rechtsphilosophen Eduard Gans (1797–1839)1, daß der Oxforder Germanist Siegbert Salomon Prawer den Reigen von Heines jüdischen Portraits und Karikaturen, den er in seiner großen Studie »Heine’s Jewish Comedy« an uns vorüberziehen läßt, mit Heines Bild von Gans eröffnet.2 Aus dem zunächst freundschaftlich-herzlichen, später eher spannungsreich-abgekühlten Verhältnis von Gans und Heine3 läßt sich über beide Männer viel lernen. Hanns Günther Reissner, der Biograph von Gans, wollte in der Begegnung von Gans und Heine gar einen »Wendepunkt ihrer Leben« sehen und vermutet, »daß beider Entwicklung eine andere Richtung genommen hätte, wäre die Jugendfreundschaft zu einer Männer-freundschaft herangereift«.4 Da Gans nicht nur als Hegelianer und Jurist Beachtung verdient, sondern auch als Gründungsmitglied, treibende Kraft und zeitweiliger Präsident des »Vereins für Cultur und Wissenschaft der Juden« (1819–1824), da Gans es war, der Heine in diesen Verein einführte, welcher in Heines Entwicklung eine nicht zu unterschätzende Rolle spielte, wirft diese Freundschaft auch ihr eigenes Licht, nicht nur auf Heines Stellungnahmen im Hinblick auf alle Fragen, die sich den Juden damals stellten, sondern auch auf sein Selbstverständnis als Jude. Einleitend wird an Hand von Heines eigenen Texten und von anderen Zeugnissen an zentrale Stationen dieser Freundschaft erinnert. Der Hauptteil wird dann diejenigen Positionen von Gans analysieren, die den ›Culturverein‹ und damit auch ein Stück von Heines Entwicklungsgeschichte geprägt haben.

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Anmerkungen

  1. Durch Editionen und Interpretationen bemühe ich mich seit einigen Jahren darum, Gans der Vergessenheit zu entreißen. Die wichtigsten Ergebnisse meiner einschlägigen Bemühungen hegen in den drei folgenden Bänden vor: Eduard Gans (1797–1839): Hegelianer Jude Europäer. Texte und Dokumente, hrsg. von Norbert Waszek. Frankfurt/M. 1991;

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  2. Edouard Gans: Chroniques françaises 1825–1830–1835, übers. von Myriam Bienenstock, hrsg. von N. Waszek. Paris 1993;

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  3. Eduard Gans: Rückblicke auf Personen und Zustände. [Berlin 1836]. Nachdruck mit Einleitung, Anmerkungen und Bibliographie hrsg. von N. Waszek. Stuttgart, Bad Cannstatt 1995.

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  4. S.S. Prawer: Heine’s Jewish Comedy. Oxford 1983, S. 10–43;

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  5. eine deutsche Fassung dieses Kapitels veröffentlichte er auch selbständig: Siegbert Prawer: Der Komet als Licht des Exils. Heines Porträt seines Zeitgenossen Eduard Gans. — In: Goethezeit. Studien zur Erkenntnis und Rezeption Goethes und seiner Zeitgenossen. Festschrift für Stuart Atkins, hrsg. von Gerhart Hoffmeister. Bern, München 1981, S. 347–367.

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  6. Neben Prawer vgl zum Verhältnis von Gans und Heine: H.G. Reissner: Heinrich Heine an Eduard Gans: ›Quand Même […]‹.- In: Zeitschrift für Religions und Geistesgeschichte 10. 1958, S. 44–50; ders.: Eduard Gans. Ein Leben im Vormärz. Tübingen 1965, S. 93ff., 108f., 114ff., 162ff.;

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  7. Johann Braun: ›Doktor Eli und Monsieur Ane‹ — Fragmente einer juristisch-literarischen Freundschaft. — In: Neue Juristische Wochenschrift 42. 1989, S. 321–329;

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  8. Michel Espagne: Federstriche. Die Konstruktion des Pantheismus in Heines Arbeitshandschriften. Hamburg 1991, S. 84f, 123f, 172f ;vgl. die Rezension von Waszek in: HJb 32. 1993, S. 182–184.

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  9. Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Vorlesung über Ästhetik. Berlin 1820/21. Eine Nachschrift, hrsg. von Helmut Schneider. Frankfurt/M. 1995; vgl. die Rezension von Waszek in: HJb 35. 1996, S. 241–243.

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  10. Reissner (1965) [Anm. 3], S. 94. Zu Heines Mitgliedschaft im ›Culturverein‹ vgl.: Adolf Strodtmann: Heinrich Heine’s Leben und Werke. 2 Bde. Berlin 1867–1869, Bd. I, S. 258–279;

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  11. Willi Guddat: Heinrich Heine und der ›Verein für Kultur und Wissenschaft der Juden‹ in Berlin 1822 und 1823. — In: Festschrift zum 70. Geburtstage von Moritz Schaefer, hrsg. von Philipp Aronstein u.a. Berlin 1927, S. 72–78;

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  12. Heinrich Heine: Jüdisches Manifest: eine Auswahl aus seinen Werken, Briefen und Gesprächen, hrsg. von Hugo Bieber. (2. Aufl. der Confessio Judaica). New York 1946;

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  13. Ludwig Rosenthal: Heinrich Heine als Jude. Frankfurt/M., Berlin, Wien 1973, S. 118–146; Werner/Houben I, S.64ff.

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  14. Eduard Krüger: Heine und Hegel. Dichtung, Philosophie und Politik bei Heinrich Heine. Kronberg i. T. 1977, S. 41 und 248.

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  15. Gans: Texte und Dokumente [Anm. 1], S. 67. Bei dem »Gottesgelehrten«, auf den Gans hier anspielt, handelt es sich um Herder. Das Zitat entstammt den ›Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit‹ und lautet vollständig: »Es wird eine Zeit kommen, da man in Europa nicht mehr fragen wird, wer Jude oder Christ sei: denn auch der Jude wird nach Europäischen Gesetzen leben, und zum Besten des Staats beitragen.« Johann Gottfried Herder: Sämmtliche Werke, hrsg. von Bernhard Suphan. Berlin 1909, Bd. XIV, S. 284.

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  16. Andere Versionen dieser Deutung bietet Gans in der Vorrede zu seiner (d.h. der zweiten) Ausgabe von Hegels »Grundlinien der Philosophie des Rechts« (1833). — In: Gans: Texte und Dokumente [Anm. 1], S. 129; und in seinen Vorlesungen, z.B. Eduard Gans: Naturrecht und Universalrechtsgeschichte [1832/33], hrsg. von Manfred Riedel. Stuttgart 1981, S. 31.

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  17. Über Leben und Wirken von Lazarus Bendavid fehlt noch immer eine umfassende Würdigung, einige Bausteine hierzu liegen indessen schon vor: Jacob Guttmann: Lazarus Bendavid. Seine Stellung zum Judentum und seine literarische Wirksamkeit. — In: Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums 61. 1917, 26–50, 176–211;

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  18. Benzion Weiner: Lazarus Bendavids Aesthetik und ihre geschichtliche Bedingtheit. (Phil. Diss. Universität) Wien 1927;

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  19. Dominique Bourel: A l’origine du kantisme juif: Lazarus Bendavid. — In: La philosophie allemande dans la pensée juive, hrsg. von G. Bensussan. Paris 1997, S. 67–79 (mit guter Bibliographie).

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  20. Vgl. hierzu Michel Espagne: Der König von Abyssinien. Leben und Werk des ›kleinen Marcus‹. — In: HJb 25. 1986, S. 112–138, der auch zeigt, daß Heines Karrikatur von Marcus’ wissen-schaftlicher Leistung nicht immer gerecht ist, hier: S. 121.

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  21. Es würde zu weit führen, die Einzelheiten dieses Vorgangs hier zu erörtern; vgl. hierzu: Reissner 1965 [Anm 3], S. 46–117; Max Lenz: Geschichte der Königlichen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin. 4 Teile in 5 Bdn. Halle 1910–1918, insbes. Bd. II.1, S. 216ff. und Bd. IV, S. 448ff; Johann Braun, Die ›Lex Gans‹ ein Kapitel aus der Geschichte der Judenemanzipation in Preußen. — In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Germ Abt. 102. 1985, S. 60–98; die Ausführungen des Verf. in der Einleitung zum Nachdruck: Gans: Rückblicke [Anm. 1], S. XXIIIff.

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  22. Gans soll sich gegenüber Felix Eberty über seine Taufe wie folgt geäußert haben: »Wenn der Staat so borniert ist, daß er mir nicht gestattet, ihm in der Art zu nützen, wie es meinen Fähigkeiten angemessen ist, es sei denn, daß ich ein Bekenntnis ausspreche, an das ich nicht glaube und von dem auch der Minister sehr gut weiß, daß ich es nicht glaube, so soll er seinen Willen haben.« Felix Eberty: Jugenderinnerungen eines alten Berliners, hrsg. von Georg Hermann. Berlin 1925, S. 313.

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Waszek, N. (1999). Aufklärung, Hegelianismus und Judentum im Lichte der Freundschaft von Heine und Gans. In: Kruse, J.A., Witte, B., Füllner, K. (eds) Aufklärung und Skepsis. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03751-0_15

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03751-0_15

  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

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