Zusammenfassung
Der Meister, dem diese Blätter gewidmet sind, ist in der musikalischen Praxis kaum mehr bekannt …1 Mit diesen Worten begann Walter Leib seine Heidelberger Dissertation über den Komponisten Joseph Huber. An diesem Befund hat sich heute, fünfundsiebzig Jahre später, nichts geändert, obwohl Leib sich doch wohl erhofft hat, seine Arbeit würde dazu beitragen, daß endlich dem Meister geschichtlich Gerechtigkeit widerführe, das heißt: seine Meisterschaft als bloß behauptete durch die »Praxis« ihr gesellschaftliches approbatur erhielte. Im Untertitel seiner Arbeit bediente sich Leib aber der bekannten Kroyerschen Formel: Ein Beitrag zur Geschichte der circumpolaren2 Oper, einer Formel, die Anspruch und Hoffnung bereits widerruft, indem sie das Inferiore des Gegenstands unumwunden einbekennt. Auch die Musik von Hubers Konkurrenten Johann Joseph Abert hat man mit dieser Formel, ebenso vergeblich, zu retten versucht. Doch kann hier nicht der Ort sein, sich über die darwinistischen Aspekte der Musikgeschichte auszulassen. Allerdings ist es sicher heilsam, sich hin und wieder daran zu erinnern, daß Musikgeschichte weitgehend eine solche von fittest peoples ist, mithin mit dem, was einmal reale Gegenwart war, wenig mehr zu tun hat.
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Notizen
Walter Leib, Joseph Huber. Ein Beitrag zur Geschichte der circumpolaren Oper, Diss. Heidelberg 1923. — Der Nachlaß Huber befand sich ursprünglich in der Universitätsbibliothek Heidelberg, kam jedoch auf Ansinnen der Württembergischen Landesbibliothek (WLB) 1939–40 nach Stuttgart. Da nur ein Teil des Nachlasses im Kriege ausgelagert wurde, ging das, was in Stuttgart verblieb, verloren. Nachträge wurden von Frau Else Wiest, Nichte des Komponisten, 1965 der WLB überwiesen. (Cod. mus. fol. II Reihe 119).
Der Begriff circumpolar ist aus der Botanik entlehnt. Dort bezeichnet man damit das Verbreitungsareal gewisser Pflanzen, die sowohl in Kanada, als auch in Sibirien und Skandinavien vorkommen. Theodor Kroyer, Die circumpolare Oper, in: Jahrbuch Peters 26 (1919), S. 16–33, bes. S. 31–33.
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Gottwald, C. (1998). Joseph Huber (1837–1886). In: Günther, G., Nägele, R. (eds) Musik in Baden-Württemberg. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03750-3_8
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