Zusammenfassung
Von der Jugend bis ins hohe Alter war Richard Wagner höchst fasziniert von Goethes Faust: Mit Freude betonte er, daß dieser typisch deutsche Stoff im Mittelalter angesiedelt sei, und er erkannte gemeinsame, ja verwandtschaftliche Züge zwischen Goethes bedeutsamem Drama und seinen Meistersingern von Nürnberg. Auch kompositorisch schlug ihn der Stoff in seinen Bann: 1831 vertonte er kleinere Teile aus Faust I, von 1839 bis 1849 versuchte er vergeblich die Ausarbeitung einer Faust-Sinfonie, wobei ihm nur ein erster Satz gelang. Mit dem Ergebnis unzufrieden, faßte er die Komposition neu und gab 1855 dem einsätzigen Opus den Titel Eine Faust-Ouvertüre. Danach wagte er sich an den gewaltigen Goetheschen Komplex kompositorisch nicht mehr heran.
Der Gedanke, die ganze Faust-Diehtung in irgend einer Form für die Bühne zu gewinnen und sie dadurch dem gesammten Volke in ihrer Weltweite und Welttiefe zu ersehließen, ist wiederholt aufgetaucht und wird in Jedem lauter oder leiser sich regen, der das Werk hinter einander durchliest…. ›Vom Himmel durch die Welt zur Hölle.‹ Wozu wäre diese Wanderung, wozu der Aufwand von Decorationen, Bildern und Maschinen versprochen, wenn sich auf der Bühne vor unseren Augen nichts weiter abspielen sollte, als der erste Theil der Dichtung, noch dazu in verkleinertem Maßstabe? Mit Auslassung des Prologs im Himmel und der Walpurgisnacht? Mit Kürzungen da und Aenderungen hier? Schwebte Goethe, noch so unklar und nebelhaft, eine scenische Darstellung seiner Dichtung vor, so muß ihre Verwirklichung auch möglich sein. Ueber ganz andere Mittel, als er es sich vorstellen konnte, verfügen jetzt unsere Theater…
Carl Frenzel, 1876
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Literatur
Otto Devrient: Goethe’s Faust. Für die Aufführung als Mysterium in zwei Tagewerken. Dritte durchgesehene Auflage. Karlsruhe (1887)
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Mahl, B. (1999). Gemeinsam und getrennt — Beide Teile des Faust auf der Bühne im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts. In: Goethes Faust auf der Bühne (1806–1998). J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03746-6_6
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Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
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Online ISBN: 978-3-476-03746-6
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