Zusammenfassung
Das Thema Liebe und Freundschaft zog Jane Austen vom Beginn ihrer literarischen Tätigkeit an in den Bann. Schon seit ihrem zwölften Lebensjahr verfaßte sie literarische Etüden, bald auch zusammenhängende Kurzwerke, die meist etablierte Gattungen — wie etwa das an Shakespeare orientierte Drama oder den sentimentalen Briefroman1 — parodierten. Die Juvenilia der Jane Austen zeichnet ein seltener dokumentarischer Wert aus: Sie bilden eine Art Porträt „of the artist as a young girl”2 am Ende des 18. Jahrhunderts, und es stellt sicherlich keine literarische Überschätzung der Jugendwerke dar, wenn man sie als Vorstufen der späteren Romane betrachtet. Denn für die frühen Schriften aus Jane Austens ersten drei Notizbüchern3 ist bereits ein grundlegender Konflikt konstitutiv, der für die späteren vollendeten Romane zum zentralen Problem avancierte. Sie sind aus der spannungsreichen Beziehung zwischen informeller weiblicher Rede und kultureller Ordnung gebildet.
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Anmerkungen
Siehe hierzu das fundierte Nachwort von Elfi Bettinger und Friedrich Tontsch: Austen, Jane: Frederic und Elfrida. Engl.-dt. Ausg. Zürich, Dortmund 1992, S. 34–72. Was hier für Frederic und Elfrida gesagt wird, gilt auch für die anderen Jugendwerke der Autorin: „Der Text gewinnt einen guten Teil seiner Bedeutung und seines Witzes auch aus der Auseinandersetzung mit Texten des ausgehenden Jahrhunderts, die heute nicht mehr fester Bestandteil unserer Lektüre sind“ ( S. 64 f.). Bettinger und Tontsch weisen u. a. auf die sentimentalen Romane von Schriftstellerinnen hin, die den Topos des empfindsamen Liebespaares geradezu fertig formiert dem parodistischen Blick der Autorin zur Verfügung stellten (vgl. S. 66 ff).
Siehe hierzu besonders die Einleitung von Margaret Anne Doody zu: Austen, Jane: Catharine and Other Writings. Hg. von Margaret Anne Doody und Douglas Murray. Oxford, New York 1993, S. IX–XXXVIII
Doody, Margaret Anne: The Short Fiction. In: The Cambridge Companion to Jane Austen. Hg. von Edward Copeland und Juliet McMaster. Cambridge, UK 1997, S. 84–99
sowie Grawe, Christian: Jane Austen. Stuttgart 1988; hier bes. S. 43–60 und S. 215 ff.
Diderot, Denis: Éloge de Richardson. In: Ders.: Œuvres esthétiques. Hg. von P. Vernière. Paris 1994: „Par un roman, on a entendu jusqu’à ce jour un tissu d’événements chimériques et frivoles, dont la lecture était dangereuse pour le goût et pour les mœurs. Je voudrais bien qu’on trouvât un autre nom pour les ouvrages de Richardson, qui élèvent l’esprit, qui touchent l’âme, qui respirent partout l’amour du bien, et qu’on appelle aussi des romans“ (S. 29).
Chesterton, Gilbert K.: Preface to Love and Friendship and Other Early Works. New York 1922: „And her power came, as all power comes, from the control and direction of exuberance“ (S. XV).
Garve, Christian: Über Gesellschaft und Einsamkeit. In: Ders.: Versuche über verschiedene Gegenstände aus der Moral, der Litteratur und dem gesellschaftlichen Leben. 4 Theile. Breslau 1797, Theil 3, S. 17–25.
„So mach’ ich’s denn mit meinen Freunden, wie ich’s mit meinen Büchern mache. Ich wünsche sie zur Hand zu haben, um sie jederzeit finden zu können, aber ich mache selten Gebrauch von ihnen. Wir müssen Gesellschaft haben zu Bedingungen, die wir selber stellen, und müssen sie nach Belieben zulassen oder fernhalten dürfen.“ Emerson, Ralph Waldo: Friendship. In: Ders.: Essays and Lectures. Hg. von Joel Porte. New York 1983, S. 339–354; hier: S. 353; dt. Übers.
Emerson, Ralph Waldo: Freundschaft. In: Ders.: Essays. 2. Reihe. Jena 1904, S. 19–43; hier: S. 41.
Die Zirkulation ungesicherter Information ohne nachweisbare Quelle, die aber das Interessante bündelt und gerade aufgrund ihres informellen Charakters sozial wirksam ist, beschreibt in bezug auf Jane Austen Gordon, Jan B.: Gossip and Subversion in Nineteenth-Century British Fiction. Echo’s Economies. New York 1996. Siehe bes. das Kapitel: A-filiative Families and Subversive Reproduction: Gossip in Jane Austen, S. 58–96.
„Es ist eine weltweit anerkannte Wahrheit, daß ein alleinstehender Mann, der im Besitze eines ordentlichen Vermögens ist, nach nichts so sehr Verlangen haben muß wie nach einem Weibe“. Austen, Jane: Pride and Prejudice 1984, S. 225; dt. Übers.: Austen, Jane: Stolz und Vorurteil. Aus d. Engl. übers. von Ilse Krämer. Nachw. von Mary Hottinger. München 1993, S. 7.
(Emma:) „Aber wenn Sie den Wunsch haben, offen zu mir als einer Freundin zu sprechen, oder meine Meinung zu erbitten über etwas, das Sie vielleicht erwägen — als Freundin können Sie wirklich über mich verfügen.“ — (Knightley:) „,Als Freundin!‘ wiederholte Mr. Knightley. ,Emma, dies ist ein Wort fürchte ich … Nein, ich habe keinen Wunsch. — Doch, warten Sie, warum sollte ich noch zögern? Ich bin schon zu weit gegangen, als daß ich noch zurück könnte.‘“ Austen, Jane: Emma 1984, S. 969; dt.
Übers.: Austen, Jane: Emma. Aus d. Engl. übers. von Ilse Leisi. Nachw. von Max Wildi. 2. Aufl. Zürich 1990, S. 475.
„Wie überzeugt hätte Anne Elliot sprechen können! Wie überzeugt nahm sie wenigstens in ihrem Herzen Partei für junge, innige Liebe, fröhliches Vertrauen aufs Künftige, gegen die überängstliche Vorsicht, welche kräftige Bemühung zu schmähen und göttlicher Führung zu mißtrauen scheint! Man hatte ihr Klugheit aufgezwungen in früher Jugend, sie lernte Hingabe ans Gefühl, als sie älter wurde: die natürliche Folge eines unnatürlichen Beginns“. Austen, Jane: Persuasion. Hg. von Patricia Meyer Spacks. New York, London 1995, S. 21; dt. Übers.
Austen, Jane: Anne Elliot. Aus dem Engl. übers. von Ilse Leisi. Nachw. von Max Wildi. Zürich 1966, S. 54 f.
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Naumann, B. (1998). Love and Friendship. In: Eickenrodt, S., Rapisarda, C., Pott, U. (eds) Querelles. Jahrbuch für Frauenforschung 1998. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03742-8_13
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