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„You Cannot Get Something for Nothing“

Exilierte Komponisten zwischen Gebrauchsmusik und amerikanischer Unterhaltungsindustrie

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Book cover Jahrbuch des Staatlichen Instituts für Musikforschung Preußischer Kulturbesitz
  • 28 Accesses

Zusammenfassung

Solch einfache Zeilen komprimieren eine, wie es scheint, typisch amerikanische Weisheit, die Weisheit des Kommerzialismus. Kurt Weill hat diese Moral 1937 für sich folgendermaßen ausgedrückt: „Der Titel des Songs könnte beispielsweise lauten: ,You cannot get something for nothing‘, und erklärt werden könnte mit diesem Song, daß es viel besser und einfacher ist, den geraden Weg durchs Leben zu gehen“3. Und nicht wenige haben Weill diesen „geraden“ Weg vorgeworfen: Angeblich hat er sich im amerikanischen Exil der Unterhaltungsindustrie hingegeben. Eine solche Argumentation jedoch sollte aus verschiedenen Gründen vorsichtig gehandhabt werden: Erstens ist sie nicht neu, denn sie fällt in die Amerikaklischees zurück, die sich besonders deutlich schon während der Weimarer Republik finden und somit im Kontext des Amerikanismus jener Jahre stehen, an dem sich viele Komponisten bereits ausgiebig gerieben hatten. Zweitens operiert sie offen oder latent mit der Dichotomie von Kontinuität und Anpassung, einer rhetorischen Denkfigur, die Wertkriterien eines Exilœuvres zumeist schlicht aus menschlichen Charaktereigenschaften herleitet. Drittens ist ja Weills Hinwendung zur kommerziellen Kultur nur das Spiegelbild einer Tendenz, die dieser aus einer massenrezeptiven Ästhetik, wie sie in der Weimarer Republik von einer ganzen Generation von Künstlern entwickelt worden war, im neuen Kontext der amerikanischen Kulturindustrie hergeleitet hat.

You cannot get something for nothing!

And only a chump would try it.

Whatever you see, that you really want

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Notizen

  1. K. Weill, Über die Musik zu You and M., in: ders., Musik und Theater. Gesammelte Schriften, hrsg. v. S. Hinton u. J. Schebera, Berlin 1990, S. 120–123.

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  2. Am 14. 10. 1929 schrieb Weill an die Universal Edition: „Daß meine Musik […] industrialisiert worden ist, spricht ja nach unserem Standpunkt nicht gegen, sondern für sie, und wir würden in unsere alten Fehler zurückfallen, wenn wir einer Musik ihren künstlerischen Wert und ihre Bedeutung absprechen würden, nur weil sie den Weg zur Masse gefunden hat. Sie haben recht: Für mich ist der Songstil auf die Dauer nicht kopierbar, und ich habe […] nicht die Absicht, ihn zu kopieren. Aber wir können nicht verkennen, daß dieser Stil Schule gemacht hat, und daß heute mehr als die Hälfte der Komponisten der verschiedenen Richtungen davon leben. Daher übersieht die Allgemeinheit sehr leicht, daß ich selbst, der erst vor einem Jahr diesen Stil geprägt hat, unterdessen in aller Ruhe meinen Weg weitergegangen bin.“ Zitiert nach J. Schebera, Kurt Weill. 1900–1950. Eine Biographie in Texten, Bildern und Dokumenten, Leipzig und Mainz 1990, S. 124.

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  3. Vergleiche zum Beispiel: J. Schebera, Hanns Eisler im USA-Exi., Berlin 1978; C. Mauer-Zenck, Ernst Krenek — ein Komponist im Exi., Wien 1980; K. H. Kowalke, Kurt Weill, Modernism and Popular Culture: Öffentlichkeit als Stil, in: Modernism/Modernit. 2, 1995, S. 27–69.

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  4. H. Eisler, Musikalische Reise durch Amerika, in: ders., Musik und Politik. Schriften 1924–1948. Textkritische Ausgabe v. G. Mayer, München 1973, S. 282–296.

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  5. Vergleiche C. Schnauber: Fritz Lang in Hollywoo., Wien u. a. 1986, S. 120 f.

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  6. So der Titel eines von Eisler verfaßten Kapitels aus dem gemeinsam mit Theodor W. Adorno verfaßten Buch Komposition für den Film (in: T. W. Adorno, Gesammelte Schrifte. 15, Frankfurt 1976, 7–155). In diesem Kapitel (ab S. 14) finden sich viele Parallelen zu Weills Filmtheorie.

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Günther Wagner

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© 1997 Springer-Verlag GmbH Deutschland

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Grosch, N. (1997). „You Cannot Get Something for Nothing“. In: Wagner, G. (eds) Jahrbuch des Staatlichen Instituts für Musikforschung Preußischer Kulturbesitz. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03722-0_13

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  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

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