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Die Unmittelbarkeit der Tat als Aufhebung der Philosophie

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Einheit und Widerspruch
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Zusammenfassung

Die Junghegelianer hatten das Prinzip der philosophischen Kritik bis zu jenem Punkte vorangetrieben, an dem sie in die Aufhebung der Philosophie überging. Ruge hatte der Philosophie ihre Grenze angewiesen; als theoretische Kritik sollte sie die praktische Revolution, das ist die Verwirklichung des in der Philosophie zu sich selbst gekommenen Selbstbewusstseins einleiten. Verwirklichung der Philosophie konnte dann aber nichts anderes als die Aufhebung der Entzweiung in der Reflexion, die Aufhebung der Trennung von Begriff und Existenz sein. Auch Bruno Bauer lässt in der Aufhebung der Selbstentfremdung am Ende der Philosophie die entgegengesetzten Momente der Reflexion in eins zusammenfallen: »Alle Gegensätze, an denen die frühere Zeit sich abquälte und vergeblich abquälen musste, weil sie die wesentliche Realität und die Geschiedenheit beider Seiten voraussetzten, fallen jetzt zusammen und sind damit gelöst.« Von nun an gilt, dass »nur das Ich lebt, schafft, wirkt und alles ist.«1 Georg Lukacs hat mit grosser Deutlichkeit gezeigt2, dass es — ganz anders als bei Marx und Engels-für die gesamte junghegelianische Hegel-Kritik charakteristisch ist, die Hegeische Einsicht in die Vermitteltheit jedes Daseienden wieder aufzugeben; und die Unmittelbarkeit »der Identität des Menschen mit sich selber herzustellen.«3

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Anmerkungen

  1. Georg Lukacs, Moses Hess und die Probleme der idealistischen Dialektik, in: Grünberg-Archiv, 12. Jg. 1926, S. 105 ff.

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  18. Dies ist schon das Problem gewesen, das Leibniz mit dem Substanz-Konzept Spinozas hatte. Mögliche Anregungen, die Marx für seine Hegel-Kritik aus Leibniz, sowohl durch seine direkte Lektüre wie durch Feuerbachs Leibniz-Monographie, erhalten hat, habe ich in meinem Aufsatz Leibniz und Marx behandelt. Siehe auch H. H. Holz, Feuerbachs Leibniz-Bild, in: Annalen der Internationale Gesellschaft für dialektische Philosophie — Societas Hegeliana, Band II, Köln 1986. S. 120 ff.

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Holz, H.H. (1997). Die Unmittelbarkeit der Tat als Aufhebung der Philosophie. In: Einheit und Widerspruch. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03708-4_9

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03708-4_9

  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

  • Print ISBN: 978-3-476-01557-0

  • Online ISBN: 978-3-476-03708-4

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