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Das Ganze des Systems

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Einheit und Widerspruch
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Zusammenfassung

Das an einem spekulativen Beriff des Ganzen orientierte Wissenschaftsverständnis, das Hegel in der Phänomenologie des Geistes entwickelt und dessen kategorialen Grundriss er in der Wissenschaft der Logik entwirft, bestimmt auch das Konzept seiner Enzyklopädie, die Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften und damit eine begründete Systematik des ganzen Wissens sein soll. Hegel hat dieses Konzept in drei Anläufen ausgestaltet, die jeweils etwa ein Jahrzehnt auseinanderliegen: 1808 in der Fassung für den Unterricht am Aegidiengymnasium zu Nürnberg1, 1817 als Begleittext für seine Vorlesungen an der Universität Heidelberg, 1827 und 1830 in der endgültigen Fassung, die seinen Berliner Vorlesungen zugrunde gelegt wurde.2 Die sich durchhaltende Grundauffassung Hegels vom wissenschaftlichen Wissen und ihre Entwicklung am stofflichen Detail ist also über die gesamte Reifezeit des Philosophen (die man mit der Ausarbeitung der Phänomenologie beginnen lassen kann) zu verfolgen.

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Anmerkungen

  1. Karl Rosenkranz, Erläuterungen zu Hegels Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften, Berlin 1870.

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  2. Übrig bliebe dann die Einheit von Logik und Ontologie in reiner Formalität, wie Husserl es noch durchzuführen versucht: Edmund Husserl, Formale und transzendentale Logik, Halle 1929. — Hegels Konzept hingegen ist durch die dialektische Einheit von Allgemeinem und Besonderem bestimmt;

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  3. vgl. Hans Heinz Holz, Filosofia speculativa e filosofia materialistica, in: Nuovi Annali della Facoltà di Magistero dell’ Università di Messina, vol I, Roma 1983, S. 27 ff. Kürzere Fassung In: ANNALEN der Internationalen Gesellschaft für dialektische PhilosophieSocietas Hegeliana, Band I, Köln 1983, S. 22 ff.

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  4. Dietrich von Engelhardt, Die biologischen Wissenschaften in Hegels Naturphilosophie, in: R.-P. Horstmann/M. J. Petry (Hg), Hegels Philosophie der Natur, Stuttgart 1986, S. 121 ff, hier 136. — Die Debatte Erfahrungswissenschaften versus spekulative Philosophie kann auf dem Felde der Wissenschaftsgeschichte als obsolet beiseite gesetzt werden. Das bedeutet indessen nicht, dass Hegels spekulative Logik auch in der gegenwärtigen Problemsituation der Wissenschaften ein taugliches Deutungsmuster für deren Struktur abgibt; denn es könnte ja sein, dass sein metaphysisches Modell ebenso wie der Erkenntnisstand der Wissenschaften um 1800 heute nur noch als überwunden, als blosse Vergangenheit und als ein Skelett auf der »Schädelstätte des Geistes« aufgefasst werden dürfte. Dies ist jedenfalls die Position, die von neopositivistischen und analytischen Schulrichtungen vertreten wird. Demgegenüber sind auch Versuche unternommen worden, die Naturwissenschaften des 20. Jahrhunderts mit Hegels Denkform in Verbindung zu bringen — also gerade Hegels Aufhebung der formalen Logik in einer übergreifenden Logik des Widerspruchs und einer Theorie der Entwicklung als Äquivalent der modernen Physik und Biologie zu begreifen. Einen der frühesten Versuche dieser Art machte Max Wundt, Hegels Logik und die moderne Physik, Universitas Jg. 1, Heft 5 und 6, S. 547 ff. und 703 ff. (Tübingen 1946), der dann bezeichnenderweise den Widerspruch von Wellen- und Korpuskularaspekt, das Komplementaritätsprinzip und die Heisenbergsche Ungewissheitsrelation doch mit Denkmitteln Kants begreifen will und eine Übereinstimmung Hegels und Kants insinuiert. Ob Hegel für das Verständnis heutiger Wissenschaft fruchtbar gemacht werden kann, muss eine Wissenschaftsphilosophie prüfen, die sich dann allerdings von der ausschliesslichen Bindung an die Modelle mathematischer Logik zu lösen hätte.

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  5. Vgl. hierzu schon früh Gotthard Günther, Grundzüge einer neuen Theorie des Denkens in Hegels Logik, Hamburg 1978 (erweiterte 2. Auflage des Buches von 1933). Allerdings kann die Korrelation von Hegels Philosophie mit einem bestimmten Stand der Wissenschaften immer wieder nur zu temporär gültigen Ergebnissen führen, weil die Wissenschaften fortschreiten und immer aufs neue metatheoretische philosophische Konstruktionen herausfordern.

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  6. Renate Wahsner, Zur Kritik der Hegeischen Naturphilosophie, Frankfurt am Main 1996, S. 13.

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  7. Renate Wahsner stellt zu Recht fest: »Für Hegels Denkprinzip der Totalität, des Ganzen oder der Einheit werden die Übergänge vom Ideellen zum Reellen und von diesem wieder zum höheren Ideellen entscheidend sein.« a. a. O., S. 18. Damit ist der Dreischritt von der Logik über die Philosophie der Natur — »die Naturwissenschaft, also die Objektwissenschaft, gemeint ist die Art von Wissenschaft, die gezwungen ist, die Welt unter der Form des Objekts zu fassen« (ebd., S. 19) — zur Philosophie des Geistes angesprochen. Unsere These ist, dass diese Übergänge in der Form der Spekulation (als einem logisch und ontologisch zu explizierenden Widerspiegelungsverhältnis) notwendig gegeben sind und eine apriorische Begründung der Modi der objektivierenden Konstitution — sei es im Prozess der Arbeit, sei es in dem des Erkennens — darstellen. Vgl. dazu Hans Heinz Holz, Dialektik und Widerspiegelung, Köln 1983, insbesondere Kapitel 1 und 4. — Ders., Sinn und Gehalt spekulativer Sätze, Köln 1981. — Ders. Bemerkungen zu einem dialektisch-materialistischen Verständnis von Apriorität, in: G. Pasternack (Hg), Zum Problem des Apriorismus in den Wissenschaften, Schriftenreihe des Zentrum Philosophische Grundlagen der Wissenschaften, Universität Bremen, Band 2, S. 107 ff., Bremen 1987.

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  8. Vgl. Ludwig Feuerbach, Grundsätze einer Philosophie der Zukunft, Gesammelte Werke, hg. von Werner Schuffenhauer, Band 9, Berlin 1970, S. 303 (§ 25).: »Der Beweis, dass etwas ist, hat keinen anderen Sinn, als dass etwas nicht nur Gedachtes ist. (…) Wenn zu einem Objekt des Denkens das Sein hinzukommen soll, so muss zum Denken selbst etwas vom Denken Unterschiedenes hinzukommen

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  9. Georg Friedrich Wilhelm Hegel, Naturphilosophie Band I, Die Vorlesung von 1819/20, hg. von Manfred Gies, Napoli 1982, S. 7. Diese Ausgabe wird im folgenden kurz zitiert als Naturphilosophie I.

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  10. Leonardo da Vinci, Sämtliche Gemälde und die Schriften zur Malerei, hg. von André Chastel, übers. von Marianne Schneider, München 1990. — Diese Notiz Leonardos entspricht fast wörtlich der berühmten Äusserung von Leibniz zur Kurfürstin im Park von Herrenhausen mit der Leibniz das Diversitätsprinzip (als das Komplement zur lex identitatis indiscernibilium) zu veranschaulichen versuchte. Vgl. Hegel, Enzyklopädie § 246 Zus.

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  11. Aus der immensen Literatur zu Goethes Verhältnis zu Philosophie und Naturwissenschaften seien einige kleinere, aber wichtige Studien genannt: Hans Georg Gadamer, Goethe und die Philosophie, Leipzig 1947.

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  12. Viscount Haidane, Goethe als Denker, Heidelberg 1924.

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  13. Wolfgang Harich, Bemerkungen zu Goethes Naturanschauung, in: Neue Welt 4. Jg., Heft 16, August 1949, S. 87 ff. Hans Mayer, Goethe und Hegel, in: Ders., Unendliche Kette, Dresden o.J., S. 44 ff.

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  14. Vgl. Hans Jörg Sandkühler (ed.), Natur und geschichtlicher Prozess, Studien zur Naturphilosophie Schellings, Frankfurt am Main 1984.

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  15. Vgl. Valerio Verra, Die Natur der Geschichte, in: ANNALEN der Internationalen Gesellschaft für dialektische Philosophie — Societas Hegeliana, Band I, Köln 1983, S. 113 ff. — Weil der Geist die Reflexionsgestalt der Natur ist, ist er deren Wahrheit (Hegel, Enzyklopädie § 381).

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  16. Valerio Verra, Dialektik contra Metamorphose, in: ANNALEN der Internationalen Gesellschaft für dialektische Philosophie — Societas Hegeliana, Band III, Köln 1986, S. 299 ff., hier 301 und 304.

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  17. Es sei darauf hingewiesen, dass Helmuth Plessner in Stufen des Organischen und der Mensch, Berlin 1928, jetzt: Gesammelte Schriften, Band IV, Frankfurt am Main 1981, und im besonderen in seinem Konzept des »materialen Apriori« dieses Hegeische Modell im Lichte der heutigen Biologie wieder aufgenommen hat. Vgl. Hans Heinz Holz, Helmuth Plessner und das Problem einer Dialektik der Natur, in: B. Delfgaauw/L. Nauta/H. H. Holz, Philosophische Rede vom Menschen, Frankfurt am Main, Bern, New York 1986, S. 41 ff.

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Holz, H.H. (1997). Das Ganze des Systems. In: Einheit und Widerspruch. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03708-4_5

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03708-4_5

  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

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