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Der Übergang zur materialistischen Dialektik

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Zusammenfassung

Der Marxismus ist ganz und gar eine Philosophie, und dies nur, indem er zugleich mehr als bloss eine Philosophie ist. Die im engeren Sinne philosophischen Arbeiten von Marx und Engels und Lenin sind nicht zahlreich, viele davon zudem aus polemischem Anlass geschrieben — wie die Heilige Familie, die Deutsche Ideologie, der Anti-Dühring, der Materialismus und Empiriokritizismus — oder fragmentarische Stücke — wie die Dialektik der Natur und Lenins Philosophischer Nachlass. Aus ihnen, für sich genommen, eine systematische philosophische Grundlage rekonstruieren zu wollen, die tragfähig wäre, die wissenschaftliche Weltanschauung des Sozialismus zu begründen, schlösse zahlreiche willkürliche Extrapolationen ein oder müsste allzu karg bleiben, um das leisten zu können, was Philosophie als Grundlegungswissenschaft unverzichtbar zu leisten hat.

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Anmerkungen

  1. Siehe dazu Ernst Bloch, Subjekt-Objekt. Erläuterungen zu Hegel, Gesamtausgabe Band 8, Frankfurt am Main 1962, wo unter der Überschrift »Hegels Tod und Leben« die von der singulären Existenz ausgehenden Kritiker Hegels — Schelling, Kierkegaard und Feuerbach — zusammengefasst werden. »Diese Kritiken an Hegel sind also zweifach, trotz dem nicht ungemeinsamen Ausgangspunkt: Existieren; sie zeigen eine selber noch abstrakte oder aber eine materielle Seite.« Ebd., S. 387.

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  2. Dass Schelling diesen Rückgang in die Unmittelbarkeit selbst mit einem ungeheueren Aufwand an scholastischem Begriffs- und Methodeninstrumentarium »vermittelt« (siehe Philosophie der Offenbarung, a. a. O., 1. Buch), macht den Rang seines Philosophierens aus, das nicht einfach mit dem Verfall der kategorialen Substanz in den späteren irrationalistischen Weltanschauungsphilosophien in eins gesetzt werden darf. Vgl. Hans Heinz Holz, Stichwort »Metaphysik«, in: Manfred Buhr (Hg), Enzyklopädie zur bürgerlichen Philosophie im 19. und 20. Jahrhundert, Leipzig 1988, S. 126 ff. — Ders., De actualiteit von de metafisica, Kampen 1991, Kap. III.

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  3. Arnold Ruge, zitiert nach H. und I. Pepperle (Hg), Die Hegeische Linke, Dokumente, Leipzig 1985, S. 228.

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  4. Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften § 160. Vgl. dazu Klaus Peters, Der Begriff ist das Freie, in: Annalen der Internationalen Gesellschaft für dialektische Philosophie — Societas Hegeliana, Band III, Köln 1986, S. 244 ff. — Engels, MEW 41, 217: »Die Freiheit ist nur die wahre, die die Notwendigkeit in sich enthält, ja die nur die Wahrheit, die Vernünftigkeit der Notwendigkeit ist.«

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  5. Friedrich Schleiermacher, Der christliche Glaube, Berlin 1960, 4. In der Dialektik, Leipzig 1942, heisst es »allgemeines Abhängigkeitsgefühl« (S. 290). Vgl. dazu Falk Wagner, Gefühl und Gottesbewusstsein, in: Archivio di Filosofia, Padova 1984, Heft 1–3, »Schleiermacher«, S. 271 ff.

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  6. Vgl. Jochen Schlobach, Das Bild des ›philosophe‹ in der französischen Aufklärung, in: Manfred Hahn/Hans Jörg Sandkühler (Hg), Die Teilung der Vernunft, Köln 1982, S. 62 ff.

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  7. Zur Äquivalenz von Vernunft und Wirklichkeit vgl. Hermann Kienner, G.W.F. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, Berlin 1981, Anmerkung 27 zu den Vorreden, S. 399 f.

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  8. Zum materialistischen Sinn spekulativer Kategorien vgl. Hans Heinz Holz, Stichwort »Spekulation«, in: H. J. Sandkühler (Hg), Europäische Enzyklopädie zu Philosophie und Wissenschaften, Hamburg 1990 — Ders. De actualiteit van de metafysica, a. a. O., S. 77 ff.

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  9. Jos Lensink, Het waagstuk van de omvattende rede, Kampen 1994.

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  10. Aus seinen politischen Kampferfahrungen ist Joseph Dietzgen zu eben derselben Einschätzung der Bedeutung einer wissenschaftlichen Weltanschauung gekommen. Vgl. Jasper Schaaf, De dialectisch-materialistische Filosofie van Joseph Dietzgen, Kampen 1993.

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  11. Horst Dieter Strüning (Hg), Unser Philosoph Joseph Dietzgen, Frankfurt am Main 1980.

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  12. Vgl. Hans Friedrich Fulda, in: Fulda/Holz/Pätzold, Perspektiven auf Hegel, Köln 1991, S. 7 ff. und 47 ff.

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  13. Die verzweigte Begriffsgeschichte von »Entfremdung« legt vorschnelle Assoziationen nahe, die beim Verständnis des Marxschen Wortgebrauchs zunächst ferngehalten werden müssen. Weder der gnostische Sinn — Herausfallen des Pneuma aus seinem Heilszustand als es selbst und eigentliches Selbst und Verbannung in die Materie -, noch die christliche Deutung — eben in Gottesferne -, noch die rousseauistische Variante — Gesellschaftszustand als Abfall von der Natur —, noch die frühromantische Mischung aus diesen Überlieferungen dürfen in den Marxschen Terminus hineininterpretiert werden; eher schon hatte der Jurist Marx den Begriff der alienatio — Veräusserung eines Rechtstitels — gegenwärtig, wenn er Hegels Terminus aus der Phänomenologie des Geistes übernahm. Auch sollten Entfremdung, Entzweiung, Entäusserung, Verdinglichung keinesfalls synonym gebraucht werden. Was Entfremdung bei Marx meint, muss aus den Texten selbst herausgeschält werden. Insofern sind auch die unterschiedlichen Akzentsetzungen in den Lemmata der philosophischen Wörterbücher — vgl. z. B. Jörg Zimmer in: Europäische Enzyklopädie zu Philosophie und Wissenschaften, Hamburg 1990;

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  14. E. Ritz in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Band 2, Basel 1972;

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  15. Georg Klaus/Manfred Buhr, Philosophisches Wörterbuch, Leipzig 1970 — nur im Vergleich miteinander nützlich.

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  16. Helmuth Plessner, Die Stufen des Organischen und der Mensch. Gesammelte Schriften Band IV, Frankfurt am Main 1981, S. 360 ff., hat das als die »exzentrische Positionalität« beschrieben.

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  17. Die dialektische Formulierung der sog. »Grundfrage der Philosophie« nach dem Verhältnis von Sein und Denken findet sich erstmals hier: »Denken und Sein sind zwar unterschieden, aber zugleich in Einheit miteinander«. MEW 40, 539. Zur Grundfrage vgl. Hans Heinz Holz, Lemma, Grundfrage der Philosophie, in: Hans Jörg Sandkühler (Hg), Europäische Enzyklopädie zu Philosophie und Wissenschaften, Hamburg 1990. — Ders., De actualiteit van de metafysica, Kampen 1991, S. 86 ff.

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  18. Vgl. Ernst Bloch, Das Prinzip Hoffnung, Gesamtausgabe Band 5, Frankfurt am Main 1959, S. 319 ff., wo in der Interpretation der Feuerbach-Thesen die elfte unter den Titel »Das Losungswort« gestellt ist.

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  19. Nietzsche hat diese Konsequenz gezogen und radikal durchgeführt: Alle Wahrheit löst sich in Schein auf; was als Masstab übrig bleibt, ist der Wille zur Macht und das Recht des Stärkeren, der seinen Willen durchsetzen kann. Die Rationalität der ideologischen Entlarvung schlägt in die Irrationalität der Willkür um. Vgl. dazu Hans Heinz Holz, Die abenteuerliche Rebellion, Darmstadt und Neuwied 1976, II. Teil.

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  20. Vgl. Anton Fischer, Der reale Schein und die Theorie des Kapitals bei Karl Marx, Zürich 1978, und meine Einführung zu diesem Buch, ebd., S. 7 ff.

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  21. Vgl. Hermann Kienner, Alternativeinschätzungen Hegelscher Rechtsphilosophie, in: Manfred Buhr/Jacques d’Hondt/Hermann Kienner, Aktuelle Vernunft, Berlin 1985 S. 67 ff. Ein erfrischendes Wort von Engels über Hegels Staatsphilosophie sei in Erinnerung gerufen! Anlässlich des Abdrucks seiner Arbeit über den Bauernkrieg, die von Wilhelm Liebknecht mit unsignierten Anmerkungen versehen wurde, schreibt Engels an Marx: »Dieser Mensch glossiert ad vocem Hegel: dem grösseren Publikum bekannt als Entdecker (!) und Verherrlicher (!!) der königlich preussischen Staatsidee (!!!) (…) Dieses Vieh, das jahrelang auf dem lächerlichen Gegensatz von Recht und Macht hilflos herumgeritten wie ein Infanterist, den man auf ein kolleriges Pferd gesetzt und in der Reitbahn eingeschlossen hat — dieser Ignorant hat die Unverschämtheit, einen Kerl wie Hegel mit dem Wort ›Preuss‹ abfertigen zu wollen.« Engels an Marx 8. 5. 1870, MEW 32, 501.

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  22. Zur Reflexion als Daseinsform und zur Reflexion der Reflexion vgl. Hans Heinz Holz, Dialektik und Widerspiegelung, Köln 1983, Kap. 1.

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  23. Individueller Wille und privates Eigentum sind die Konstituentien der bürgerlichen Gesellschaft. Vgl. Hegel, Rechtsphilosophie § 32 ff. Als solche sind sie schon von Thomas Hobbes der modernen Staatstheorie zugrunde gelegt worden: »Jeder Mensch hat von Natur ein Recht auf alle Dinge, d. h. er darf jedem beliebigen Menschen alles antun, was ihm beliebt, alle Dinge, die er erreichen kann und will, besitzen, benutzen und sich ihrer freuen.« Thomas Hobbes, Naturrecht und allgemeines Staatsrecht in den Anfangsgründen, deutsch von F. Tönnies, Essen 1926, S. 98. Dem aus dem Gegeneinander der individuellen Willen resultierenden bellum omnium contra omnes setzt Hobbes die Option für die Ordnungs- und Friedensfunktion des Souveräns entgegen. Auch Hegel noch schreibt dem Staat die gleiche Rolle zu und erliegt damit der Illusion, den Staat als über den Parteien stehend aufzufassen — eine Illusion, die durch die Vertauschung des Begriffs des Staates mit seiner von den politisch handelnden Subjekten bestimmten Wirklichkeit theoretisch fundiert wurde. Marx hat in seiner Kritik des Hegeischen Staatsrechts diese Illusion entlarvt und zerstört.

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  24. Marx’ Kritik am bürgerlichen Konzept der Menschenrechte, vehement vorgetragen in dem gleichzeitig mit der Kritik der Hegeischen Rechtsphilosophie erschienenen Aufsatz »Zur Judenfrage«, entwickelt diesen Gesichtspunkt. Vgl. Hermann Kienner, Marxismus und Menschenrechte, Berlin 1982.

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Holz, H.H. (1997). Der Übergang zur materialistischen Dialektik. In: Einheit und Widerspruch. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03708-4_10

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03708-4_10

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