Zusammenfassung
1. Die Bezeichnung psyché (griech. »Hauch«, »Atem«, »Lebensodem«; vgl. lat. anima) findet sich erstmalig in den Anfangszeilen der Ilias. Die Psyche tritt nach Homer (8. Jhd. v.Chr.) erst nach dem Tod des Menschen in Erscheinung; psyché bezeichnet so die Seele eines Verstorbenen, nicht aber die eines lebenden Wesens. Die Lebensprozesse des Körpers steuert dagegen der thymós (lat. animus), das Prinzip der Vitalität des Körpers und gleichzeitig dessen Bewußtsein. Die psyché wird in der Antike als ein geflügeltes weibliches Wesen personifiziert, in den Metamorphosen (um 170 n.Chr.) des Apuleius ist sie Geliebte des Amor. Das deutsche Wort Seele (ahd. sê(u)la, mhd. sêle) bleibt ungeklärter Herkunft. Heute werden in Europa unter Psyche allgemein die Gesamtheit der bewußten und unbewußten — insbesondere emotionalen — Vorgänge, hauptsächlich aber die geistigen und intellektuellen (kognitiven) Funktionen des Menschen, lokalisiert im Gehirn, verstanden: Informationsverarbeitung durch →Wahrnehmung und Speicherung über →Erinnerung und Gedächtnis, Denken und Fühlen (→ Gefühle), → Traum, →Phantasie, Motivation und Handlung. In religionsgeschichtlicher Perspektive stehen Konzeptionen von ›Geist‹ oder →›Seele‹ für ein (metaphysisches) geistiges Lebensprinzip, das Lebewesen von anorganischer Materie unterscheidet. In Religionen kann die Psyche deshalb — in unterschiedlichen Gestaltungen — als das unsterbliche Übergangselement zwischen Stofflichem und Geistigem, Irdischem und Göttlichem gedacht werden.
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Literatur
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Hermsen, E. (2000). Psyche. In: Auffarth, C., Bernard, J., Mohr, H., Imhof, A., Kurre, S. (eds) Metzler Lexikon Religion. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03704-6_33
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