Zusammenfassung
S. sieht sich selbst als Provokateurin und ihre Protagonisten als in jene dunklen Räume ›Eingedrungene‹, die im Jahrhundert der verlorenen Utopien verleugnet würden, »damit der Mensch nicht vor den unklaren Erscheinungen des Lebens erschrecke.« Ihrem provokativen Blick entspricht die Zersplitterung des künstlerischen Raums: vom irren, aber immer noch topoisierbaren Alltag im Roman Almaznaja dolina, 1994 (Das Diamantental) über surrealistische Erzählräume wie in der Erzählung »Ved’miny slezki«, 1994 (Hexentränen) bis hin zur Verschmelzung der Elemente und der Bewußtseinsspaltung in Delirium oder Wahnsinn in der Erzählung »Jug«, 1994 (»Süden«, 1998) oder dem Romanzyklus Sad, 1997 (Der Garten). Indem sie geheimnisvoll untersetzte Alltagssujets mit den Urelementen Sonne, Erde, Wasser, Himmel und Wind verbindet, hebt sie diese in planetare Zusammenhänge. Gleichzeitig werden ewig scheinende Lebensräume apokalyptisch aufgehoben: Meer und Land sind verstrahlt wie in den 1994 veröffentlichten Erzählungen »Jug«, »Bliže k pokoju« (Ruhe, nahe) und »Motyl’ki Soldai« (Die Nachtfalter von Soldaja). Jeglicher haltgebende Kulturraum erweist sich als zertrümmert wie die Bilder der gepeitschten Blütenblätter und des wuchernden Mülls im Roman Sad verdeutlichen. Wesentliches Charakteristikum der Erzählweise S.s ist die magische Kraft des Worts, mit der sie Transzendentes in die Welt holt: das Unendliche in der maritimen Metaphorik von Himmel und Meer; die Urberührung durch die Elemente im Motiv von Schnee und Schneesturm sowie eine den immer wieder berufenen Widerstreit von Erkenntnis und Fühlen unterstreichende Farbsymbolik, in der vor allem Blau und Gold für Kühle bzw. Versengen stehen.
Lit.
Tichomirova, E.: »Pronikšaja«. In: Znamja 7 (1995), S. 217–219;
Dies.: »Zvukom slova ja ukroščcaju ėti stichi…« In: Oktjabr’ 4 (1996), S. 168–175;
»Jabloki dlja korolevy« (Interview). In: Literatunaja gazeta 10 (1995);
Sokoljanskij, A.: »… I v čudnych propastjach zemli«. In: Novyj mir 5 (1995), S. 235–237;
Parnell, C.: »Zum Verständnis des Anderen in der ženskaja proza«. In: Dies. (Hg.): Frauenbilder und Weiblichkeitsentwürfe in der russischen Frauenprosa. Frankfurt/M. 1996, S. 277–292;
Parnell, C.: »Wahnsinn als Grenzüberschreitung«. In: Cheauré, E. (Hg.): Kultur und Krise. Berlin 1997.
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Parnell, C. (1998). Sadur, Nina Nikolaevna. In: Hechtfischer, U., Hof, R., Stephan, I., Veit-Wild, F. (eds) Metzler Autorinnen Lexikon. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03702-2_324
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