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Der Beginn des Interesses für das archaische Rom: Niebuhr und Indien

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Ausgewählte Schriften zur Geschichte und Geschichtsschreibung
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Zusammenfassung

Vor dem Hintergrund des neu erwachten Interesses an der alten Frage nach den Ursprüngen Roms — eines Interesses, das durch überraschende archäologische Neufunde geweckt wurde und das sich durch seine soziologische Ausrichtung von früheren Diskussionen unterscheidet — weist Momigliano in diesem 1980 erschienenen Artikel auf die zentrale Bedeutung hin, die Barthold G. Niebuhr (1776–1831) an der Entstehung gerade dieser Fragestellung zukommt. In einer Synthese von Personenbiographie, Zeitanalyse und Wissenschaftsgeschichte zeichnet Momigliano die grundsätzlichen Fragestellungen in Niebuhrs Oeuvre nach und untersucht ihre vielschichtigen Beziehungen zu seinem Familienhintergrund und zu den großen politischen und wirtschaftlichen Fragen seiner Zeit. Momigliano betont die zentrale Stellung der Agrarfrage in Niebuhrs Bild der frühen römischen Verhältnisse (der Artikel geht auf einen Vortrag bei einer Tagung über antike Agrarfragen zurück), wobei er Niebuhrs Grundansicht klar herausstellt, »daß die Agrargesetze nicht das Privateigentum an Land begrenzten, sondern den Anteil am ager publicus, den ein römischer Bürger vom Staat erhalten durfte«, und daß diese daher zum Ziel hatten, nicht das Privateigentum einzuziehen, sondern vielmehr die Inbesitznahme des ager publicus durch wenige zu verhindern. Eine Schlüsselrolle in Niebuhrs Denken kommt dem komparatistischen Ansatz zu, insofern er vergleichbare zeitgenössische Agrarprobleme in Europa (Irland, Dänemark) und Indien scharf analysiert und die indische Institution des »zamindar« zur Lösung eines scheinbaren Grundwiderspruchs in den Testimonien zur römischen Agrargeschichte heranzieht. Der vorliegende Aufsatz schließt mit einer eingehenden Würdigung von Alfred Heuss’ 1981 erschienener Monographie über Niebuhrs wissenschaftliche Anfänge.

Trotz der Konzentration auf die Agrarfrage stellen Momiglianos Überlegungen einen der bedeutsamsten und gedankenreichsten Beiträge in der durchaus sehr aktiven neueren Forschung zu Niebuhr dar.* Er selbst behandelte Niebuhr wiederholt aus verschiedenen Gesichtspunkten in seinen Arbeiten.** Etwa gleichzeitig mit diesem Aufsatz schrieb er einen gewichtigen Beitrag zu den Ursprüngen Roms: vgl. Bd. 1 der vorliegenden Ausgabe, S. 141–202.

Zu Niebuhr allgemein s. K. Christ, Von Gibbon zu Rostovtzeff, Darmstadt 1972, 26–49.

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Anmerkungen

Notizen

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Notizen

  1. [Nach der brutalen Niederschlagung des Aufstandes der sozialistischen Arbeiter vom Mai 1898 in Mailand durch die Kanonade des Generals Bava-Beccaris wurde dem ehemalige Militär Luigi Gerolamo Pelloux im Juni die Leitung der Regierung übertragen und er hatte eine (am Ende gescheiterte) autoritäre Reaktion mit Ausnahmegesetzen eingeleitet. Der Sozialist Ettore Ciccotti verlor damals seinen Posten und war gezwungen, ins Exil zu gehen — Anm. d. Ubers.]

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  2. Vgl. W. Norvin, Aus der Werdezeit der Römischen Geschichte von B. G. Niebuhr, in: Wirtschaft und Kultur. Festschrift A. Dopsch, Baden 1938; A. Heuss, Niebuhr und Mommsen, Antike und Abendland 14, 1968, 1–18.

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  3. Es genügt hier auf die Arbeiten Luigi Capogrossi Colognesis hinzuweisen, die die Probleme und ihre Geschichte gründlich untersuchen (zur Geschichte der Probleme vgl. zuletzt z.B. L. Capogrossi Colognesi, Le comunità rurali di Roma arcaica nella storiografia del tardo ’800, in: Studi in memoria di Giuliana d’Amelio, Bd.I, Cagliari 1978, 169–201; aber vgl. auch Iura 27, 1976 [1979], 75–88). Im Vergleich dazu außerdem S. Mazzarino, Machiavelli, Niebuhr e gli Annali: la storia agraria tra classicismo e strutturalismo, De Homine 41, 1973, 23–36.

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Momigliano, A. (2000). Der Beginn des Interesses für das archaische Rom: Niebuhr und Indien. In: Most, G.W. (eds) Ausgewählte Schriften zur Geschichte und Geschichtsschreibung. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03684-1_5

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03684-1_5

  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

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