Vorwort zu M. I. Finley, Problemi e metodi di storia antica

Zusammenfassung

In diesem Beitrag schreibt Momigliano gleichzeitig eine Einleitung und einen Nachruf: Der in Amerika geborene, aber vor allem in England lehrende und wirkende Althistoriker M. I. Finley (1912–1986) war jüngst verstorben, als Momigliano eine Sammlung von Finleys Aufsätzen zur historischen Methodik in italienischer Übersetzung (erschienen 1987) einleitete. Momigliano schildert und bewertet Finleys Werden und Schaffen mit großer Einfühlsamkeit.

Momigliano beginnt mit einer Analyse der wichtigsten Einflüsse auf Finley: das Judentum, das in Finleys rabbinischer Familientradition bis mindestens in das 16. Jahrhundert zurückreichte und das Finley (der 1941 seinen Geburtsnamen Finkelstein in Finley änderte) zwar ablehnen, aber nie vergessen konnte; die Frankfurter Schule von Horkheimer, Adorno und Marcuse, mit der er seit den dreißiger Jahren in New York eng zusammenarbeitete; Max Weber (vgl. die Beiträge 15 und 16 in diesem Band); schließlich der Wirtschaftshistoriker Karl Polanyi. Danach wendet sich Momigliano einer Zusammenfassung der wichtigsten Themen zu, die sich durch das gesamte Werk Finleys ziehen: das Verhältnis zwischen Politik und Wirtschaft; das Wesen der politischen Beratung; die Sklaverei. Aus dem Kontext der Publikation dieses Beitrags — aber, in Anbetracht von Momiglianos leidenschaftlichem wissenschaftsmethodischen Interesse, nicht allein aus diesem Zusammenhang — ergibt sich dann auch eine Betonung der Methodenprobleme, zu denen sich Finley zwar nicht häufig, aber dafür immer prägnant äußerte: die Bewertung der Quellen; die Unsicherheit jeder mündlichen Tradition; die Bestimmung desjenigen, was als ein echtes historisches Problem zu gelten hat; seine Auseinandersetzung mit Max Webers Theorie der Idealtypen.

Finley, der von Momigliano in einer anderen Publikation als »der einflußreichste Althistoriker unserer Zeit« bezeichnet wurde,* wurde gerade im Laufe der letzten Jahre zum Gegenstand mehrerer wichtiger Studien, vor allem durch und auf Anregung von Karl Christ.**

Erschienen in: M.I. Finley, Problemi e metodi di Storia antica, Bari (Laterza) 1987, V–XII. [Es handelt sich dabei um die italienische Übersetzung von M. I. Finley, Ancient History. Evidence and Models, London 1985; dt. Quellen und Modelle in der Alten Geschichte, Frankfurt/Main 1987 — Anm. d. Übers.].