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Alte Geschichte und antiquarische Forschung

Meinem Lehrer Gaetano de Sanctis zum achtzigsten Geburtstag

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Ausgewählte Schriften zur Geschichte und Geschichtsschreibung
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Zusammenfassung

Im 18. Jahrhundert trat eine neue Art des Humanismus mit dessen traditioneller Auffassung in Konkurrenz. Diese neue Strömung kam in Gelehrtengesellschaften auf und war nicht mehr auf die Universitäten beschränkt; sie wurde eher von gebildeten Amateuren getragen als von den zur Lehre Berufenen. Diese Leute zogen es vor, zu reisen statt Textkritik zu betreiben, und im allgemeinen standen für sie Münzen, Statuen, Vasen und Inschriften eher im Vordergrund als die literarischen Texte. Addison erörterte die Bedeutung der Münzen für die literarischen Studien,1 und als Gibbon Oxford verlassen hatte, förderte er seine weitere Ausbildung durch die Ausgabe von zwanzig Pfund für die zwanzig Bände der Mémoires de l’Académie des Inscriptions. Italien stand zu dieser Zeit zwar noch im Mittelpunkt des Interesses der Gelehrten und der Amateure, aber es war ein vielseitigeres Italien, in dem etruskische Altertümer als fast ebenso wichtig galten wie römische Überreste und in dem sich außerordentliche Entdeckungen ankündigten, wie die von Herculaneum im Jahre 1736 und von Pompeii 1748. Außerdem gewannen die griechischen Altertümer an Bedeutung, und zwar sowohl in den Augen der wenigen Glücklichen (hauptsächlich Engländer und Franzosen), die sie selbst besichtigen konnten, als auch bei der größeren, wenn auch immer noch beschränkten Zahl derer, die es sich leisten konnten, die Prachtausgaben der Werke zu kaufen, in denen die Monumente abgebildet waren.

Die großen Philologen und Historiker des 19. Jahrhunderts waren von der Wissenschaft der alten und neuen Antiquare wenig begeistert. Zwar erkannte Friedrich August Wolf, daß die traditionelle »Alterthumskunde« Roms und Griechenlands wichtige Gegenstände behandelte, wie etwa »die Nachrichten und Erläuterungen…, wodurch man den kürzer oder länger dauernden Zustand und die Verfassung im Politischen, Religiösen, Militärischen und in den damit zusammenhangenden Verhältnissen, nebst den Sitten und Gewohnheiten kennen lernt«, jedoch verriet sich seine recht kritische Haltung den Antiquaren gegenüber, wenn er erklärte, daß »die Geschichte… das Werdende, die Alterthümer hingegen das Gewordene darstellen«. Friedrich Ritschi meinte, daß die traditionelle Altertumskunde nur eine Art »Schlendrian« war, den die neue Philologie ohne weiteres wegräumen sollte. In seinem bahnbrechenden Aufsatzvon 1950 lieferte Momigliano den Nachweis, daß die Antiquare unentbehrliche Innovationen für die historische Methode geschaffen hatten. Ihnen kam nach seiner Auffassung das Verdienst zu, als erste versucht zu haben, nicht nur die schriftlichen Quellen, sondern auch die materiellen Überreste älterer Gesellschaften zu sammeln und auszuwerten. Hinzu kam, daß sie eine besondere neue Form der historischen Darstellunggeschaffen hatten, in der sie die Institutionen und Sitten sowie den Glauben dieser Gesellschaften in ihren synchronen Zusammenhängen rekonstruierten. Zwar hatten sich David Douglas und Thomas Kendrick schon mit der Entwicklung antiquarischer Studien in England beschäftigt, bevor Momigliano sich daran machte, die Geschichte dieser gelehrten Tradition in ganz Europa nachzuzeichnen; er war jedoch der erste Historiker, der die wichtige Rolle aufdeckte, die die Antiquare für die Entwicklung einer kritischen Hermeneutik und Historik gespielt hatten, und zwar sowohl in der Antike als auch in der frühen Neuzeit. In der letzten Zeit haben sich Historiker und Kunsthistoriker erneut intensiv mit diesem Thema beschäftigt. Erik Iversen, Roberto Weiss, May McKisack, Daniel Woolf Blandine Barret-Kriegel und Alain Schnapp gingen der Methoden der Antiquare nach, während Giuseppe Olmi, Paula Findlen, Dirk Janssen und Horst Bredekamp die Entstehung des frühneuzeitlichen Museums darstellten. Der englische Kunsthistoriker Francis Haskell, der 1994 die Entwicklung der antiquarischen Studien von Petrarca bis Burckhardt nachzeichnete, betont allerdings, daß die Methode der Antiquare viel subjektiver war, als Momigliano behauptet hatte. Haskeils Meinung nach vermochten sie die Objekte, die sie sammelten, nur durch die Brille ihrer Vorannahmen und Vorurteile zu sehen. Dennoch erkannte Haskell an, daß der Essay Momiglianos noch heute die beste Einführung in diesen ganzen Problemkreis bietet.*

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Momigliano, A. (1999). Alte Geschichte und antiquarische Forschung. In: Grafton, A. (eds) Ausgewählte Schriften zur Geschichte und Geschichtsschreibung. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03683-4_1

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