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Nicht alle Hebräer sind dürr und freudlos

Heinrich Heines Ideen zur Reform des Judentums in der Erzählung »Der Rabbi von Bacherach«

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Part of the book series: Heine-Jahrbuch ((HEIJA))

Zusammenfassung

Im Mai 1824 begann Heinrich Heine mit dem »Rabbi von Bacherach«, seiner »großen Novelle«, in deren Mittelpunkt die Geschichte der Leiden des jüdischen Volkes stehen sollte. Er hatte sich schon 1823 in das Studium von Chroniken und Biographien vertieft und interessierte sich für jüdische Bräuche und Riten. Dem jüdischen Stoffkreis widmete er sich mit großem Engagement, aber die Arbeit wurde ihm zur Last, weil für das geplante »Sittengemälde« aus dem ausgehenden Mittelalter umfangreiche Quellenstudien nötig waren und dem nicht religiös Erzogenen die intime Kenntnis jüdischen Lebens und des Hebräischen fehlte. Ein anderes Projekt, das ihm leichter von der Hand ging, »Die Reisebilder«, schob sich in den Wintermonaten 1824 dazwischen. Im Winter und Frühjahr 1826 dachte er nurmehr an eine fragmentarische Veröffentlichung des »Rabbi von Bacherach« im zweiten Band der »Reisebilder«, der aber schließlich 1827 ohne ihn erschien. Gedruckt wurde das Fragment erst im Sommer 1840 als Teil des vierten Bandes des »Salon«. Heine nahm das publizistische Echo auf eine Ritualmordaffäre in Damaskus zum Anlaß, sich erneut dem Erzählfragment zuzuwenden. Die Anklageschrift des französischen Konsuls in Damaskus, die syrischen Juden hätten am 5. Februar 1840 einen sardinischen Kapuzinerpater ermordet und sein Blut zum Pessachfest getrunken, löste eine Pogromstimmung aus, die Heine an mittelalterliche Ritualmordgeschichten erinnerte. Es ist nicht einwandfrei zu klären, wieviel von den drei überlieferten Kapiteln erst 1840 geschrieben wurde, insbesondere ob das zweite Kapitel in die erste oder in die zweite Entstehungsphase gehört.1

Hans Joachim Kreutzer zu seinem 60. Geburtstag gewidmet

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Anmerkungen

  1. Zur Entstehungsgeschichte des »Rabbi von Bacherach« vgl. Gerhard Höhn: Heine-Handbuch. Zeit, Person, Werk. Stuttgart 1987, S. 359–361; Hartmut Kircher: Heinrich Heine und das Judentum. Bonn 1973, S. 199–210 und Manfred Windfuhrs Kommentar zum »Rabbi von Bacherach« in der Düsseldorfer Heine-Ausgabe (DHAV). Hamburg 1994, S. 498–624.

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  2. In diese Richtung wies schon Lion Feuchtwanger: Heinrich Heines Fragment »Der Rabbi von Bacherach«. Eine kritische Studie. München 1907. Ndr. 1985. Zusammenfassend: Höhn [Anm. 1], S. 359–367, bes. 365; Jost Hermand: Mit dem Zeitraffer durch die jüdische Geschichte. Heines »Rabbi von Bacherach«. In: J. H.: Mehr als ein Liberaler. Über Heinrich Heine. Frankfurt a.M. 1991, S. 77–83.

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  3. Jost Hermand (Hrsg.): Geschichten aus dem Ghetto. Frankfurt 1987; Rainer Feldmann: »Der Rabbi von Bacherach«. Geschichtsverständnis, Jude und Judentum im Romanfragment Heinrich Heines. Paderborn 1984 und die Rezension dieser Monographie von Heidemarie Vahl in: HJb 1989, S. 233.

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  4. Manfred Windfuhr: Der Erzähler Heinrich Heine. »Der Rabbi von Bacherach« als historischer Roman. In: Gerhard Höhn (Hrsg.): Heinrich Heine. Ästhetisch-politische Profile. Frankfurt a.M. 1991, S. 276–294; ders. »Der Rabbi von Bacherach«. Zur Genese und Produktionsästhetik des zweiten Kapitels. In: HJb 1989, S. 88–117. Vgl. auch Windfuhrs Einleitung und Kommentar zum »Rabbi von Bacherach« in DHAV [Anm. 1], bes. 522–526.

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  5. Ludwig Philippson: Rezension von Heinrich Heines »Salon«, Bd. 4. In: Allgemeine Zeitung des Judenthums Heft 5 (1841), S. 78–79; vgl. auch Windfuhrs Kommentar, DHAV [Anm. 1], 617f.

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  6. So argumentierte Leopold Zunz in seinem Aufsatz über Salomon ben Isaac in der Zeitschrift des Vereins für Cultur und Wissenschadt der Juden. Vgl. Nahum N. Glatzer: Leopold Zunz. Jude, Deutscher, Europäer. Tübingen 1964, S. 25.

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  7. Vgl. zum Ablauf der Sederfeier und zur rituellen Bedeutung S. Ph. De Vries: Jüdische Riten und Symbole. Wiesbaden 1990 (6. Aufl.), S. 114–128; Wolfgang Walter: Meinen Bund habe ich mit dir geschlossen. Jüdische Religion im Fest, Gebet und Brauch. München 1989, S. 39–47.

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  8. Heinrich Heine: Deutschland. Ein Wintermährchen, Caput IV–V und XI. DHA IV, hrsg. von Winfried Woesler. Hamburg 1985, S. 97–103, 114–116 und Kommentar S. 1109f.

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  9. Vgl. die programmatischen Visionen von Eduard Gans und Immanuel Wohlwill in der Zeitschrift für die Wissenschaft des Judentums, zitiert von Hanns Günther Reissner: Eduard Gans. Ein Leben im Vormärz. Tübingen 1965, S. 71 f. und die Textzeugnisse bei Adolf Strodtmann: H. Heine’s Leben und Werke. Wien 1867, Bd. I, S. 250–273. Zu den Reformansichten der Vereinsmitglieder s. Kap. 3.

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  10. Heinrich Heine: Die Romantische Schule (1835), DHA VIII/1, hrsg. von Manfred Windfuhr. Hamburg 1970, S. 127.

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  11. Heinrich Heine: Ludwig Börne. Eine Denkschrift. DHA XI, hrsg. von Helmut Koopmann. Hamburg 1978, S. 19.

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  13. Zunz: Die Synagogale Poesie des Mittelalters. Berlin 1855, Kap. I und II, S. 1–58.

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  14. Hermann Cohen: Heinrich Heine und das Judentum (1864). In: Hermann Cohens jüdische Schriften, hrsg. von Bruno Strauss. Berlin 1924, Bd. 2, S. 2–44, hier S. 18.

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  16. Heinrich Heine: Jehuda ben Halevy (1851). DHA III/1, hrsg. von Frauke Bartelt und Alberto Destro. Hamburg 1992, S. 130–158. Dazu vgl. Kircher [Anm. 1], 270–276 und Hinck [Anm. 3], 249–256.

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Bauer, B. (1996). Nicht alle Hebräer sind dürr und freudlos. In: Kruse, J.A. (eds) Heine-Jahrbuch 1996. Heine-Jahrbuch. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03674-2_2

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03674-2_2

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