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Zusammenfassung

Über dem Titelblatt ihres frühen Buchs bin ich ins Nachsinnen geraten; ich konnte mich des unklaren Eindrucks nicht erwehren, daß es mehr von mir wollte, als gelesen zu werden: Das Brandmal. Ein Tagebuch von Emmy Hennings. Ein Tagebuch mit einem Titel, noch dazu mit einem so bedeutungsschweren? Mit nachgestelltem Namen? Worum handelt es sich? Um einen Versuch, die Grenze zwischen Autobiographie und Fiktion unsicher zu machen? Um das Schreiben einer Frau, die sich erzählen will, doch so, daß ihr Leben nicht in der Form eines »Werks« verschwindet? Die sich nicht eindeutig machen will? So schreibt sie scheinbar grundlos, ein gleichsam schwebendes Bekenntnis, das von einem Du angehört und geglaubt werden muß, wenn es nicht lautlos vergehen soll: »Ganz innig möchte ich zu meinem letzten Geliebten, der vielleicht dies Tagebuch lesen wird, sagen: Halte mein Herz in den Händen. Gehe behutsam damit um. Vielleicht ist es doch zerbrechlich« (319). Wie eine Spätere sucht die Frau, die schreibt, »mit tief gesenktem Kopfe« schreibt (118), zu verstehen. Sie versucht, jemandem das zu geben, was sie erlebt hat, und sie weiß nicht wem, aber sie will nicht behalten, was sie erlebt hat. Sie weiß nicht, was sie machen soll mit dem, was sie erlebt hat, sie hat vor dieser ungeheuren Unordnung Angst2 So beginnt sie, ohne zu wissen, was sie sagt: »Im Namen des Namenlosen will ich beginnen, obgleich ich mich so weit von ihm entfernt fühle.

Im Traum erlasse ich das Gesetz, daß in meiner Welt graue Fahnen wallen. Zum Zeichen, daß Leid geehrt wird1

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Notizen

  1. Emmy Hennings, Das Brandmal. Ein Tagebuch. Berlin 1920, 309.

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  2. Vgl. dazu H. Ball, Die religiöse Konversion [1925], in: ders., Der Künstler und die Zeitkrankheit […], hrsg. v. H. B. Schlichting (suhrkamp taschenbuch, 1522). Frankfurt 1988, 336–376, bes. 354f.

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Bürger, C. (1996). Gitter, Gosse und Ginster. Zum Tagebuch von Emmy Hennings. In: »Diese Hoffnung, eines Tages nicht mehr allein zu denken«. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03668-1_8

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03668-1_8

  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

  • Print ISBN: 978-3-476-01461-0

  • Online ISBN: 978-3-476-03668-1

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