Zusammenfassung
In seinem späten Roman Brei (Miazga, 1979) läßt Andrzejewski einen Polonistikstudenten in einem Aufsatz über den Schriftsteller Nagórski, Andrzejewskis alter ego, nachdenken: »In einem schwer zu bestimmenden Moment des Lebens muß man zwischen der Liebe und der Kunst wählen, zwischen diesen beiden Möglichkeiten, die sich, miteinander rivalisierend, gegenseitig ausschließen.« Die Frage, warum mancher auf die Liebe verzichtet, »um sich das ganze Leben lang nach ihr zu sehnen«, beantwortet Andrzejewskis Student gut platonistisch: »Das Verlangen nach Überhebung über die Anderen und nach Verlängerung seines Lebens um das Leben im Gedächtnis der Nachkommen erreichte bei Nagórski besondere Kraft. […] Doch die Kälte zog in seine Seele nicht ein, doch er entsagte der Liebe nicht, im Gegenteil — immer wieder erlag er ihr, hin und wieder verlor er sich in lasterhaften Abenteuern der Sinne oder in rasenden, wechselhaft zärtlichen oder auch heftigen Leidenschaften. Aber das Verlangen nach Unsterblichkeit gab dem Bedürfnis nach Liebe nicht nach. Deshalb ging er auch aus jedem Sturm seiner Gefühle zerschlagen hervor, voller Verachtung für sich selbst und Ekel vor seinem Körper.« Die, in ihrem Pathos fast unernst wirkende, Charakterisierung Nagórskis, sie kann als ein Versuch des Autors Andrzejewski gelesen werden, zurückblickend sein Werk und seine ihm stets problematische Homosexualität anhand einer fiktiven Figur zu interpretieren.
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Notizen
Jöhling, Wolfgang (Hg.): Diskrete Leidenschaften. Homosexuelle Prosa aus Polen. Mit einem Geleitwort von Joachim S. Hohmann. Berlin/Frankfurt a. M.: Foerster, 1988.
Kasperski, Eduard: Jerzy Andrzejewski. In: Autorenkollektiv unter der Leitung von Andrzej Lam (Hg.): Literatur Polens 1944–1985. Berlin: Volk und Wissen, 1990, 303–320.
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Gostomczyk, G., Weiß, V. (1997). Jerzy Andrzejewski (1909–1983). In: Busch, A., Linck, D. (eds) Frauenliebe Männerliebe. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03666-7_2
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