Zusammenfassung
»Es wird nicht einfach sein, über Männlichkeit zu schreiben«, so Anthony Easthope in der Einleitung seines Buches über den — wie er es nennt — »Mythos« der männlichen Sexualität in der Populärkultur.1 Es könnte sogar schwierig sein. Andererseits macht man es sich mit dem Thema der männlichen Sexualität vielleicht auch allzu leicht, wenn man glaubt, sie in ihren Manifestationen innerhalb der Populärkultur bereits adäquat lokalisiert zu haben — und sie dann automatisch verdammt. Viel zu leicht macht man es sich vielleicht auch, wenn man die männliche Sexualität fast augenblicklich mit den Paradigmen einer Psychoanalyse erfaßt, die sich ununterbrochen um die zentrale Metapher des Phallus dreht und selbst schon zu dieser Metapher geworden ist — und diese Sexualität dann auf vorhersehbare Weise als »phallozentrisch« abtun muß. Und viel zu leicht macht man es sich ferner, wenn man sich voller Schuldgefühle das oft wiederholte feministische Urteil zu Herzen nimmt, daß Männer über ihre eigene Sexualität erst noch sprechen müssen — und dann ein paar herzergreifende mea culpas von sich gibt.
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Anmerkungen
Das englische Original des vorliegenden Textes erschien erstmals unter dem Titel »Vas« in: Camera Obscura 17 (1988), S. 89–111. Indiana University Press.
Anthony Easthope, What A Man’s Gotta Do. The Masculine Myth in Popular Culture, London 1987. Wie es Easthope de facto in seinem Buch macht, so gehe auch ich in diesem Aufsatz davon aus, daß mit einer rigorosen Unterscheidung zwischen »Männlichkeit«und »männlicher Sexualität« wenig gewonnen ist. Gleichzeitig kann aber durchaus gesagt werden, daß mein Beitrag hier stärker von männlicher Sexualität (der Männlichkeit des sexualisierten Subjekts) handelt als das Buch von Easthope, das Männlichkeit eher als Teil einer kulturellen Ideologie behandelt.
Ich habe keine besonders ausführliche Bibliographie beabsichtigt, aber zusätzlich zu der ganzen Bandbreite relevanter psychoanalytischer Literatur (von Freud selbst bis zu so unterschiedlichen Autoren wie Reich, Stoller, oder Hocquenghem) waren folgende Bücher für die hier verfolgte Fragestellung nützlich, relevant oder provokativ: Easthope (Anm. 1). Stephen Heath, The Sexual Fix, London 1982.
Andy Metcalf, Martin Humphries (Hrsg.), Male Sexuality, London 1985.
Eileen Phillips (Hrsg.), The Left and the Erotic, London 1983.
Joseph H. Pleck, The Myth of Masculinity, Mass 1981.
Emmanuel Reynard, Holy Virility, London 1987.
Peter Schwenger, Phallic Critiques, London 1984.
Eve Kosofsky Sedgwick, Between Men, New York 1985.
Jon Snodgrass, For Men Against Sexism, San Rafael 1977.
Klaus Theweleit, Männerphantasien, 2 Bände, Reinbek 1980.
Jeffrey Weeks, Sexuality and Its Discontents, London 1985.
Judith Mayne, »Walking the Tightrope of Feminism and Male Desire«, Alice Jardine, Paul Smith (Hrsg.), Men in Feminism, New York 1987, S. 62–70, hier: S. 70.
Sigmund Freud, Briefe an Wilhelm Fließ 1887–1904, hrsg. von Jeffrey Moussaieff Masson, Frankfurt a. M. 1986, S. 149 (Seitenangaben fortan im Text).
Sigmund Freud, Gesammelte Werke, Frankfurt a. M. 1940, Bd. XV, S. 120.
Roland Barthes, Über mich selbst, München 1978, S. 136.
Alice Jardine, Gynesis. Configurations of Women and Modernity, Ithaca 1985, S. 160.
Michèle Montrelay, »L’Appareillage«, Cahiers Confrontations 6 (1982), S. 33–43.
Michèle Montrelay, L’ Ombre et le nom, Paris 1977, S. 89.
Vgl. hierzu meinen Aufsatz »Feminity According to Montrelay«, enclitic Nr. 9, 1–2 (1987), in dem ich einige dieser Punkte aufzeige.
Vgl. Moustafa Safouan, »Is the Oedipus Complex Universal?«, m/f 5–6 (1981),
und Moustafa Safouan, »Men and Women A Psychoanalytical Point ofView«, m/f9 (1984).
Jacqueline Rose, »Introduction II«, in: Juliet Mitchell, Jacqueline Rose (Hrsg.), Feminine Sexuality, London 1982, S. 27–57, hier: S. 41.
Jacques Lacan, Die Vier Grundbegriffe der Psychoanalyse. Das Seminar von Jacques Lacan, Buch XI (1964), hrsg. v. Norbert Haas, Olten/Freiburg 1978, S. 208f.14 Vgl. Theweleit (Anm. 2).
Tatsächlich schließt sich Theweleit ausdrücklich an das Projekt von Gilles Deleuze und Félix Guattari an, um das phallische Schema der Psychoanalyse zu ersetzen.Vgl. Gilles Deleuze, Félix Guattari, Anti-Ödipus. Kapitalismus und Schizophrenie I, Frankfurt a. M. 1977.
Einige dieser Gründe finden sich — zusammen mit anderen interessanten Überlegungen — in einer der unternehmungslustigeren Rezensionen zu Theweleits Buch: Chris Turner, Erica Carter, »Political Somatics«, in: Victor Burgin, James Donald, Cora Kaplan (Hrsg.), Formations of Fantasy, London 1986.
Samuel Delaney, »De la sexualité masculine considérée comme bien de consommation«, Cahiers Confrontations 6 (1982), S. 5–12. Delaney ist mit solch einer »substantialistischen« Ideologie übrigens nicht einverstanden.
Beverly Brown, »A Feminist Interest in Pornography — Some Modest Proposals«, m/f 5–6 (1981), S. 5/6.
Von come = Ejakulat [Anm. d. Übers.].
Susanne Kappeier, The Pornography of Representation, Minneapolis 1986.
Parveen Adams, »PerOs(cillation)«, Camera Obscura 17 (Mai 1988), S. 7–29.
Roland Barthes, Die helle Kammer. Bemerkung zur Photographie, 2. Aufl. Frankfurt a. M. 1986, S. 86f.
Jacqueline Zita, »Pornography and the Male Imaginary«, enclitic Nr. 9, 1–2 (1987).
Sigmund Freud, Gesammelte Werke, Frankfurt a. M. 1943, Bd.VIII, S. 12.
Ebenda, S. 12.
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Smith, P. (1997). Vas. Männlichkeit und Sexualität. In: Erhart, W., Herrmann, B. (eds) Wann ist der Mann ein Mann?. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03664-3_3
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