Zusammenfassung
Wirft man einen flüchtigen Blick auf die wissenschaftlichen Arbeiten zum Thema Freundschaft in der deutschen Literatur, stellt man fest, daß über dieses Thema nach 1900 kaum etwas geschrieben worden ist. Aus Elisabeth Frenzeis Motive der Weltliteratur erfahren wir unter dem Stichwort Freundschaftsbeweis den Grund: »Entsagung und Schwermut aus Zweifel an der Verwirklichung von Idealen zehrte am optimistischen Mindestgehalt des Motivs«.1 Wolfdietrich Raschs Untersuchung zum »Freundschaftskult« aus dem Jahre 1936 endet mit Klopstock, während ein aktueller Sammelband, Frauenfreundschaft — Männerfreundschaft, stärker auf das 18. und frühe 19. Jahrhundert eingeht.2 Eckhardt Meyer-Krentlers Buch Der Bürger als Freund, das mit Wilhelm Raabe schließt, reicht etwas weiter in die Gegenwart hinein, berührt aber noch nicht das 20. Jahrhundert.3 Das bedeutet jedoch nicht, daß diese Arbeiten das Thema in irgendeiner Weise verfehlen, sie beweisen lediglich eines: daß sich die wissenschaftliche Literatur mit dem Thema Freundschaft in der deutschen Literatur des 20.Jahrhunderts nicht ernstlich auseinandergesetzt hat.
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Anmerkungen
Elisabeth Frenzel, »Freundschaftsbeweis«, in: Motive der Weltliteratur, Stuttgart 1980, S. 196–219, hier: S. 218.
Wolfram Mauser, Barbara Becker-Cantarino (Hrsg.), Frauenfreundschaft — Mänrfreundschaft. Literarische Diskurse im 18. Jahrhundert, Tübingen 1991.
Wolfdietrich Rasch, Freundschaftskult und Freundschaftsdichtung im deutschen Schrifttum des 18. Jahrhunderts vom Ausgang des Barock bis zu Klopstock, Halle 1936.
Eckhardt Meyer-Krentler, Der Bürger als Freund. Ein sozialethisches Programm und seine Kritik in der Erzählliteratur, München 1984.
Friedrich Klopstock, Von der Freundschaft, Ausgewählte Werke, hrsg. von Karl Schieiden, München 1962, S. 934–942.
Friedrich Nietzsche, Die fröhliche Wissenschaft, Werke in 3 Bänden, hrsg. von Karl Schlechta, München 1954d, Bd. II, S. 7–274, § 279, hier: S. 163.
Friedrich Nietzsche, Also sprach Zarathustra,Werke in 3 Bänden, hrsg. von Karl Schlechta, München 1954, Bd. II, S. 275–562, hier: S. 320 (»vom Freunde«).
Eine vergleichende Analyse der Freundschaftsauffassungen von Nietzsche und Aristoteles unternimmt John E. Smith, »Two Perspectives on Friendship: Aristotle and Nietzsche«, in: Leroy S. Rouner (Hrsg.), The Changing Face of Friendship, Notre Dame 1994, S. 57–73.
Bernd Widdig, Männerbünde und Massen. Zur Krise männlicher Identität in der Literatur der Moderne, Opladen 1992.
Friedrich H.Tenbruck, »Freundschaft. Ein Beitrag zu einer Soziologie der persönlichen Beziehungen«, Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 16 (1964), S. 431–456, hier: S. 435.
Robert Bly, Iron John. A Book About Men, New York 1990.
Stuart Miller, Men and Friendship, London 1983.
Victor J. Seidler, »Rejection, Vulnerability, and Friendship«, in: Peter M. Nardi (Hrsg.), Men’s Friendships, Newbury Park 1992, S. 15–34.
Michael Rutschky, »Freundschaft«, in: Heinz Bonorden (Hrsg.), Was ist los mit den Männern? Stichworte zu einem neuen Selbstverständnis, München 1985, S. 47–52.
Elizabeth Telfer, »Friendship«, in: Michael Pakaluk (Hrsg.), Other Selves. Philosophers on Friendship, Indianapolis 1991, S. 250–267.
Lilian B. Rubin, Just Friends. The Role of Friendship in our Lives, New York 1985.
Cicero, »De Amicitia«. Michel de Montaigne, »Of Friendship«, in: Michael Pakaluk (Hrsg.), Other Selves. Philosophers on Friendship, Indianapolis 1991, S. 77–116 und S. 185–199
Jacques Derrida, »The Politics of Friendship.«, Journal of Philosophy 85 (1988), S. 632–644.
Siegfried Kracauer, Über die Freundschaft. Essays, Frankfurt a. M. 1971, S. 38.
Hermann Hesse, Narziß und Goldmund, Gesammelte Werke in 12 Bänden, Frankfurt a. M. 1970, Bd. VIII, S. 3–320.
Jacques Lacan, »Das Spiegelstadium als Bildner der Ichfunktion«, in: Schriften, Bd. I, Olten/Freiburg 1973, S. 61–70.
Vgl. auch Samuel Weber, Rückkehr zu Freud.Jacques Lacan’s Entstellung der Psychoanalyse,Wien 1990.
Alexander und Margarete Mitscherlich, Die Unfähigkeit zu trauern, München 1967.
Thomas Mann, Doktor Faustus. Das Leben des deutschen Tonsetzers Adrian Leverkühn erzählt von einem Freunde, Gesammelte Werke in 20 Bänden, Bd. I, Frankfurt a. M. 1980.
Thomas Bernhard, Wittgensteins Neffe. Eine Freundschaft, Frankfurt a. M. 1982.
Martin Walser, Ein fliehendes Pferd, Frankfurt a. M. 1978.
Walter Flex, Der Wanderer zwischen beiden Welten, München 1918.
Erich Maria Remarque, Im Westen nichts Neues, Frankfurt a. M. 1980.
Vgl. Karl Prümm, »Das Erbe der Front. Der antidemokratische Kriegsroman der Weimarer Republik und seine nationalsozialistische Fortsetzung«, in: Horst Denkler, Karl Prümm (Hrsg.), Die deutsche Literatur im Dritten Reich, Stuttgart 1976, S. 138–164.
Dieser Trend wird in Joseph Thoraks monumentaler Skulptur Kameradschaft veranschaulicht. Hier sieht man zwei völlig austauschbare Körperpanzer, denen jegliches individualisierendes Kennzeichen fehlt. Ein Foto dieser Skulptur findet man in: Klaus Theweleit, Männerphantasien, 2 Bände, Reinbek 1980, Bd. II, S. 163.
Franz Fühmann, »Kameraden«, Kapitulation. Erzählungen, München 1985, S. 7–52.
Stephan Hermlin, »In einer dunklen Welt«, In einem dunklen Tale, Berlin 1966.
Vgl. zu einer ähnlichen Konstellation auch Fred Uhlmanns Reunion [1971], New York 1977.
Günter Grass, Katz und Maus, Werkausgabe in 10 Bänden, hrsg. von Volker Neuhaus, Darmstadt/Neuwied 1987, Bd. Ill, S. 5–140. Unter Akademikern ist Mahlke eine sehr umstrittene Figur. Judith Ryan versteht ihn als Teil der Widerstandsbewegung, während Gerhard Kaiser behauptet, daß er die Unreife und Kriminalität des Dritten Reiches verkörpert.
Judith Ryan, The Uncompleted Past, Detroit 1983.
Gerhard Kaiser, Günter Grass. Katz und Maus, München 1971.
Dieses Zitat wurde einem Interview mit John Reddick aus dem Jahre 1966 entnommen. Nachdruck des Interviews in: Alexander Ritter (Hrsg.), Günter Grass. Katz und Maus. Erläuterungen und Dokumente, Stuttgart 1977.
Shlomith Rimmon-Kenan, »Narration as Repetition: The Case of ›Cat and Mouse‹«, in: Shlomith Rimmon-Kenan (Hrsg.), Discourses in Psychoanalysis and Literature, New York 1987, S. 176–187.
Walter Flex (1887–1917) fiel im Ersten Weltkrieg; sein Tod wird im 7. Kapitel von Katz und Maus erwähnt.
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Freudenburg, R. (1997). Männliche Freundschaftsbilder in der neueren Literatur. In: Erhart, W., Herrmann, B. (eds) Wann ist der Mann ein Mann?. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03664-3_13
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