Zusammenfassung
G.s emphatische Einstellung zur Anschauung war verbunden mit der Zuversicht, das die singulären Erscheinungen überschreitende Geistige evident zu machen sowie deren zerstreute Mannigfaltigkeit in einen gesetzlichen bzw. vernünftigen Zusammenhang zu bringen und damit die Sinneswahrnehmungen mit »höherer« Bedeutung zu versehen. Von allen dualistisch-idealistischen Konzeptionen unterschied sich G. dadurch, daß er das Transzendente in die Immanenz der Erscheinungen verlagerte. Ob er das »Höhere« nun Gott, Geist, Typus, Idee, Muster, Form, Urbild oder Gesetz nannte, für ihn war es nicht in einer gesonderten ideellen Sphäre, sondern im Diesseits angesiedelt. Diese Haltung kann, G.s Retrospektion aus Dichtung und Wahrheit zufolge, geradezu als frühkindliche Prägung angesehen werden: Schon als Knabe sei er unfähig gewesen, den »großen Gott der Natur« irgendwo anders als in seinen Werken aufzusuchen (vgl. WA I, 26, S.63f.).
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Literatur
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Naumann-Beyer, W. (1998). Anschauung. In: Dahnke, HD., Otto, R. (eds) Goethe Handbuch. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03655-1_18
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