Zusammenfassung
Spätestens seit der Aufklärung leidet das Renommee B.s, den die Zeitgenossen noch »den gelehrten Bodin« nannten, darunter, daß er auch eine dem Hexenhammer (1487) verwandte Demonomanie des Sorciers (1580) verfaßt hat, einen Leitfaden zum Führen von Hexenprozessen, der Folter und Feuertod für die meist weiblichen Hexen vorsieht. Sarkastisch bezeichnet ihn Voltaire deshalb als den »Generalstaatsanwalt Beelzebubs«. Erst seit Beginn dieses Jahrhunderts bemühte man sich um ein gerechteres Urteil und erkannte, daß der bedeutende Humanist B. zwar in seinen politischen, sozialen und religiösen Schriften spätere Ideen vorwegnimmt, aber mit seinem Dämonenglauben und seinen politischen Anschauungen noch tief im aristotelisch-thomistischen Ordodenken des Mittelalters verwurzelt ist. Auch kann man die Widersprüchlichkeit dieses Denkers nur verstehen, wenn man sich vor Augen hält, daß alle seine Schriften während der blutigen Religionskriege geschrieben wurden, die 1562 mit dem Massaker von Vassy beginnen und 1593 mit dem Glaubenswechsel Heinrichs IV. bzw. dem Edikt von Nantes 1598 enden. B. wechselte wie viele Zeitgenossen mehrfach die Konfession und die Parteizugehörigkeit, litt aber unter dem allgemeinen Autoritätsverfall und dem Zusammenbrechen religiöser und sozialer Normen. Er war der Reihe nach Karmelitermönch (um 1545), Calvinist (um 1562/63), toleranter Katholik (1576), danach wahrscheinlich heimlicher Jude.
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Hausmann, FR. (1995). Bodin, Jean. In: Lutz, B. (eds) Metzler Philosophen Lexikon. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03642-1_46
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