Zusammenfassung
Das 19. Jahrhundert ist gewiß zu Recht als „age of intoxication“, als „Zeitalter des Rausches“ bezeichnet worden, doch kann dies nicht bedeuten, daß das öffentliche Interesse am Drogenrausch auf diese Zeit beschränkt geblieben sei. Auch im 20. Jahrhundert bleibt es ungebrochen, zumal das grundsätzliche Bedürfnis nach Fluchthelfern aus der bedrückenden Realität des Ennui keineswegs durch irgendwelche unverhofften wunderbaren Entwicklungen überholt, sondern ganz im Gegenteil an den Fronten zweier Weltkriege ebenso wie an der permanenten Heimatfront im Dickicht einer bürokratisch organisierten Massenkultur noch bestärkt wurde, in der sich das moderne Individuum bis heute unentwegt gegen die Bedrohung durch Anonymität und Selbstentfremdung zur Wehr setzen muß. So stellte Àldous Huxley 1954 fest: „Daß die Menschheit im Großen und Ganzen jemals in der Lage sein wird, auf die Künstlichen Paradiese zu verzichten, erscheint höchst unwahrscheinlich. Die meisten Männer und Frauen führen ein Leben, das schlimmstenfalls so qualvoll und bestenfalls so monoton, armselig und beschränkt ist, daß der Wunsch, ihm zu entfliehen, die Sehnsucht aus sich selbst herauszugehen, und wenn auch nur für einige Momente, eine der hauptsächlichen Bestrebungen der Seele ist und immer war.“ [DP 50] Wenn also die heutige Motivation zum Umgang mit Drogen wenigstens in dieser Hinsicht dieselbe ist wie bei den Zeitgenossen De Quinceys oder Baudelaires, so wurde die intellektuelle Bewertung des Rausches (und der Erfahrung des „Anderen“ überhaupt) seither natürlich immer wieder modifiziert und in neue weltanschauliche Zusammenhänge eingebunden.
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Kupfer, A. (1996). Die Zeit der Haschischjünger: Avantgardisten und Junkies im 20. Jahrhundert. In: Göttliche Gifte. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03635-3_4
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Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
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Online ISBN: 978-3-476-03635-3
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