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Bekehrung zur Christlichen Geschichtsdeutung — Alfred Döblins »Schicksalsreise«

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Autobiographie und Geschichte
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Zusammenfassung

Das Erscheinen der Lebensbeschreibung Benns stand am Beginn einer Renaissance seines dichterischen Werks nach dem Krieg. Als Autobiograph antwortete er auf ein wachsendes Interesse auch an seiner Persönlichkeit.

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Anmerkungen

  1. Alfred Döblin: Schicksalsreise. Bericht und Bekenntnis. Frankfurt a.M. Verlag Josef Knecht. Carolusdruckerei 1949. Wiederabgedruckt in: A.D. Ausgewählte Werke in Einzelbänden. (Begründet von Walter Muschg. In Verbindung mit den Söhnen des Dichters hg. v. Anthony W. Riley.) Autobiographische Schriften und letzte Aufzeichnungen. Hg. v. Edgar Pässler. Olten 1980. S. 103–426. Künftig zitiert unter der Sigle ›SR‹.

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  2. Vgl. dazu: Ralph-Rainer Wuthenow: Die erfahrene Welt. Europäische Reiseliteratur im Zeitalter der Aufklärung. Frankfurt 1980. Zu den Berichten von Abenteuer- und Pilgerfahrt als eigentümliche Form der Selbstdarstellung vgl. ebd., S. 11. Zur »Künsder- und Bildungsreise« vgl. Wuthenows Erläuterungen zu Herders »Journal meiner Reise im Jahre 1769«, Charles de Brosses‹ »Vertraulichen Briefen«, James Boswells »Großer Reise«, Charles Burneys »Tagebuch einer musikalischen Reise« sowie zu Goethes »Tagebuch der italienischen Reise«. (Ebd., S. 268 ff.) Hinsichtlich der typischen Reflexionen der Reisenden über Zeit und Vergänglichkeit spricht Wuthenow von einer »Philosophie des Reisens« (ebd., S. 423). Aus der modernen Literatur nennt Wuthenow als Beispiele die Reisebeschreibungen von Wolfgang Koeppen und Erhart Kästner. Zur typologischen Verwandtschaft von Reise und Erinnerung als ›Reise in die Vergangenheit‹ vgl. R.-R. Wuthenow: Das Bild und der Spiegel. Europäische Literatur im 18. Jahrhundert. München/Wien 1984. So wie Wuthenow den Reisebericht als eine autobiographische Schreibweise ansieht, so interpretiert er umgekehrt die Autobiographie als eine ›Reise‹ in das Innere des Ichs und seiner Erinnerungen. Die Themen der Retro- und Introspektive werden zum entdeckungsträchtigen Territorium. Dorthin führt die autobiographische Reise. (Vgl. ebd., S. 10.)

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  3. Alfred Döblin: Der Wille zur Macht als Erkenntnis bei Friedrich Nietzsche. (1902.) In: Bruno Hillebrand (Hg.): Nietzsche und die deutsche Literatur. Band I. Texte zur Nietzsche-Rezeption 1873–1963. Tübingen 1978, S. 315–330. Ebd., S. 331–358: Alfred Döblin: Zu Nietzsches Morallehre. (1903).

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  4. Alfred Döblin: Briefe. Eingel. v. Walter Muschg. In: Text und Kritik. Nr. 13/14. Juni 1966, S. 46–56. Ebd., S. 47.

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  5. Vgl. dazu: Erich Kleinschmidt: Alfred Döblin und Gottfried Benn. Mit der Edition einer Rede Döblins auf Benn von 1932. In: DVjs. 62. Jg. 1988, S. 131–147. Kleinschmidt stellt das in der Literaturwissenschaft bisher wenig beachtete wechselhafte Verhältnis der beiden Dichter-Ärzte zueinander dar aufgrund aller vorliegenden Äußerungen in Werken und Briefen Döblins und Benns, in denen der eine ›Kollege‹ jeweils den anderen charakterisiert. Das wichtigste Dokument jener Dichterbekanntschaft hat Kleinschmidt im Döblin-Nachlaß in Marbach freilich erst entdeckt und im Anhang des oben genannten Aufsatzes publiziert. Es handelt sich dabei um den Textentwurf Döblins für die Einleitung zu einer Lesung von Gottfried Benn. Benn wird hier von Döblin als »3facher Kollege« bezeichnet. Ebd., S. 142.

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  6. Alfred Döblin: Briefe. Hg. v. H. Graber. Olten/Freiburg 1970, S. 404. Hier an Ludwig Marcuse.

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  7. Alfred Döblin: Autobiographische Schriften und letzte Aufzeichnungen. Hg. v. Edgar Pässler. Olten 1980. Ebd., S. 33 ff.

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  8. Alfred Döblin: Aufsätze zur Literatur. Hg. v. Walter Muschg. Olten und Freiburg 1963. S. 97.

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  9. Vgl. Günter Niggl: Geschichte der deutschen Autobiographie im 18. Jahrhundert. Stuttgart 1977. Jene gattungsspezifischen Merkmale der selbstbiographischen Literatur, die Niggl aufzählt, charakterisieren gleichermaßen die Konfession des modernen Konvertiten, der sich Augustinus zum Vorbild wählt. Denn für die Geschichte der chrisdichen Autobiographie gilt, so Niggl, »daß man die religiöse Konfession, wie sie der Pietismus am Ende des 17. Jahrhunderts gezeitigt hat, durch ihr verfeinertes Instrument der Autopsychographie als einen originellen Neuansatz innerhalb der augustinisch-mystischen Tradition betrachten kann.« (Ebd., S. 14.)

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  10. Aurelius Augustinus: Bekenntnisse. Vollständige Ausgabe. Eingeleitet und übertragen v. Wilhelm Thimme. München 1982. (Im folgenden zitiert unter ›Bek.‹) Buch VII, 7, S. 174. Die lateinischen Zitate habe ich entnommen aus: Sancti Augustini Confessio-num Libri XIII. (Hg.: Lucas Verheijen.) Turnhoult 1981. (Corpus Christianorum. Series Latina. XXVII. Sancti Augustini Opera.) S. 100. Im folgenden zitiert unter ›Conf.‹.

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  11. Zur für Augustinus charakteristischen Identität von ›wahrem‹, ›frommem‹ und ›glücklichem Leben‹ im Sinne des Beata-Vita-Begriffs, wie er zugleich typisch ist für die Selbstreflexion der hellenistischen Philosophie vgl.: David Lenfant: Concordantiae Augustinianae. Tomus Primus. Paris 1656. (Faks. Brüssel 1965.) S. hier unter dem Stichwort ›Beata Vita‹, zu den Confessiones insbesondere Nr. 14–18. Augustinus identifiziert sogar den Gottesbegriff mit dem Begriff des ›Glücklichen Lebens‹; die Suche nach Gott ist zugleich die Suche nach dem ›Glücklichen Leben‹ — und umgekehrt. Vgl. ebd. »Beata Vita«, Nr. 16.

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  12. Zu Döblins wechselhafter Einstellung zum Judentum vgl. Grazyna Kwiecinska: Religiöse Verklärung und politische Tat. In: Karol Sauerland (Hg.): Melancholie und Enthusiasmus. Studien zur Literatur und Geistesgeschichte der Jahrhundertwende. Frankfurt u.a. O. 1988, S. 195–204. Kwiecinska rekapituliert anhand der Schriften Döblins von 1920 bis zur Exilzeit dessen Wandlung vom Vertreter einer vollständigen Assimilation zum »flammenden« Anhänger der zionistischen Idee zu Beginn des Exils.

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  13. Die Verknüpfung von Todesreflexion und Bescheidenheitsmotiv kennzeichnet die Gattungsgeschichte der selbstreflexiven Autobiographie von ihrem Beginn an. Das wird besonders deutlich in den »Essais« Montaignes, der diesem Gedanken mehrere seiner Essais widmet und die eigenen Reflexionen über Tod und Bescheidenheit durch zahlreiche entsprechende Zitate hellenistischer Autoren ergänzt. S. Michel de Montaigne: Essais. Auswahl und Übersetzung v. Herbert Lüthy. Zürich 1985. Vgl. dazu insbes.

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  14. Jenen christlich interpretierten platonisch-neuplatonischen Gedanken, der die Selbstreflexion als ›Umkehr‹ zum ›wahren Sein‹ bestimmt, übernimmt Döblin gleichfalls von Augustinus. Vgl. dazu: Hans Frhr. von Campenhausen: Lateinische Kirchenväter. (Urban-Bücher Band 50.) Stuttgart 1960. Ebd., S. 160 f.: »Entsprechend löst sich auch das Augustin bedrückende Problem des Bösen. Auch dieses hat keine ursprüngliche, ja, strenggenommen überhaupt keine Substanz, sondern besteht nur in der Abkehr von dem einen Guten und Wahren. Es ist die Zerstörung der sinnhaften Wirklichkeit, es erscheint gleichsam nur negativ am guten Sein als dessen Perversion und Verfall. Diese platonischen Gedanken hatte der Neuplatonismus immer entschiedener religiös gewandt. Gott ist Quelle und Zielpunkt alles dessen, was wahrhaft ist, das ewig Eine, das sich wohl vielfach spiegelt und ›offenbart‹, aber niemals selbst in diese Vielfalt eingeht oder in ihr zu finden ist. Die wahre Philosophie ruft: den Menschen darum zur Einkehr und Umkehr auf, zum Hinaustreten und denkenden Überschreiten des Vielerlei der sichtbaren Welt, zur Gotteserkenntnis und Gotteserfassung in ihrer Einheit, jenseits der Grenzen der Zeidichkeit.«

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  15. Vgl. dazu: Cicero: Tusculanae I,30: »Tota enim philosophorum vita, ut ait idem, commentario mortis est.« (Das ganze Leben der Philosophen ist, wie dies auch Platon sagt, eine Vorbereitung auf den Tod.) In: Cicéron: Oeuvres philosophiques. Tusculanes. Tome I. Texte établi par Georges Fohlen et traduit par Jules Humbert. Paris 1960. S. 46.

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  16. Vgl. Schillers Gedicht »Resignation«. Nationalausgabe. I. Band. Weimar 1943, S. 168.

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Jaeger, M. (1995). Bekehrung zur Christlichen Geschichtsdeutung — Alfred Döblins »Schicksalsreise«. In: Autobiographie und Geschichte. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03634-6_6

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03634-6_6

  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

  • Print ISBN: 978-3-476-01386-6

  • Online ISBN: 978-3-476-03634-6

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