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Friedrich Schiller und Johannes Müller

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Zusammenfassung

Im fünften Aufzug des Wilhelm Tell bringt Schiller den Geschichtsschreiber der Schweiz, Johannes von Müller, als Gewährsmann ins Spiel1, und damit stattet nicht nur der Dichter dem Historiker, auf den er sich neben Aegidius Tschudi hauptsächlich als Quelle gestützt hat, einen ungewöhnlichen Dank ab, sondern setzt auch der frühere Historiker einem Kollegen ein Denkmal, mit dem ihn eine ähnliche Thematik und ein vergleichbares Bemühen um Publikumswirkung verbunden hat.2 Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Schiller freilich schon längst von der Historie verabschiedet und für das Drama entschieden. Fast zwei Jahrzehnte zuvor, als sein erstes großes Geschichtswerk erschienen war (1786), hatte Schiller seinerseits in Müller, dessen Ruhm wenige Jahre zuvor durch seine Darstellung der Geschichte der Schweiz begründet worden war3, einen aufmerksamen Leser und Rezensenten gehabt. In einer Besprechung von Schillers Geschichte des Abfalls der vereinigten Niederlande von der spanischen Regierung übte Müller Kritik an der »gedrängten Gedankenfülle« der Einleitung und fragte, worin eigentlich deren Zusammenhang mit der nachfolgenden Darstellung bestehe. Wenn die Einleitung, so bemerkte Müller, auch als »die zweckmäßigste Vorausbelehrung für die folgende Geschichte erscheint; so weiß man kaum, ob man noch an die vorhergedachten theoretischen und kritischen Fragen denken soll«4. Er wünschte sich statt dessen von Schiller, »die Betrachtungen in die Geschichte so zu verweben, daß sie mit ihr eins scheinen«5.

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Notizen

  1. Johannes Müller, Schriften in Auswahl, hrsg. v. Edgar Bonjour, 2., durchges. und erw. Aufl., Basel 1955, S. 301f.

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  2. Vgl. die Belege bei Heinz Ryser, Johannes von Müller im Urteil seiner schweizerischen und deutschen Zeitgenossen. Basel, Stuttgart 1964, S. 19ff.

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  3. Zum gesamten Komplex des hiermit angesprochenen »Erfahrungswandels« von Geschichte vgl. Reinhart Koselleck, Artikel »Geschichte, Historie«, in: Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, hrsg. v. Otto Brunner, Werner Conze, Reinhart Koselleck. Bd. 2, Stuttgart 1975, S. 647–717, bes. 702ff.

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  4. Daß dies selbst auf einen Theoretiker wie Droysen zutrifft, der bei der Grundlegung der historischen Erkenntnis mit Nachdruck auf der Trennung von Wissenschaft und Kunst insistiert, zeigt Dietrich Harth, Historik und Poetik. Plädoyer für ein gespanntes Verhältnis, in: Geschichte als Literatur. Formen und Grenzen der Repräsentation von Vergangenheit, hrsg. v. Hartmut Eggert, Ulrich Profitlich, Klaus Scherpe, Stuttgart 1990, S. 12–23, bes. S. 18f.

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  5. An Schlözer 18.2.1773, zit. nach Peter Herzog, Johannes von Müller und die französische Literatur, Frauenfeld, Leipzig 1937, S. 75.

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  6. Unter diesem Titel ist in Müllers Sämmtlichen Werken eine Sammlung von Maximen auszugsweise abgedruckt, die er in den Jahren von 1774–1777 zusammentrug. J. v. M., Sämmtliche Werke. Bd. 8, hrsg. v. Johann Georg Müller, Stuttgart, Tübingen 1831–35, S. 169172 u. SW 37, S. 47–130. Im folgenden zitiert: SW mit Band- und Seitenzahl. Zu Müllers umfangreichem Briefwechsel vgl. Barbara Schnetzler, Sichtbarkeit und Einsicht. Zur Erschliessung der Briefsammlungen Johannes von Müllers (1752–1809) und seines Bruders Johann Georg Müller (1759–1819), in: Schaffhauser Beiträge zur Geschichte 54, 1977, S. 50–61.

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  7. So heißt es am Ende seiner Vier und zwanzig Bücher Allgemeiner Geschichten besonders der europäischen Menschheit, die erst postum von Müllers Bruder Johann Georg herausgegeben worden sind. SW 6, 350. Ähnlich suchte er auch in der Schweizergeschichte »jene bewunderungswürdige Zusammenfügung unvorhergesehener Umstände, wodurch, nach dem Zeugnis der Universalhistorie, eine unsichtbare Hand alle Nationen und ihre Gewalthaber zu Zwecken leitet, wovon sie nichts wissen«. SW 9, 19. Zunehmend fand er »in der Geschichte, daß, wenn zu einer großen Veränderung die Zeit da war, alles dawider nichts half«. Zit. nach Arnold Jaggi, Über Johannes von Müllers Geschichtsauffassung, Bern 1922, S. 86.

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  8. So wird etwa aus dem Satz: »Ich will regieren wie Ottokar: ich bin euer Herr« der Satz: »Recht also mein Vater diese Land hat funden in der Gewalt Ottokars, weder minder noch mehr, so will icn sie lassen bleiben«. Der Geschichten schweizerischer Eidgenossenschaft 1. Teil, neue Aufl., Leipzig 1806, S. 603. Vgl. dazu Edgar Bonjour, Johannes von Müller. Erbe des Aegidius Tschudi, in: E.B., Studien zu Johannes von Müller, Basel, Stuttgart 1957, S. 251ff.

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  9. So etwa bei Gerhard Masur, Rankes Begriff der Weltgeschichte. München, Berlin 1926 (Beiheft 6 der Historischen Zeitschrift), S. 38f.

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  10. »Johannes von Müller hat seiner Geschichte in dem Bestreben, den Zeiten, die er beschreibt, treu in seiner Schilderung zu sein, ein hölzernes, hohlfeierliches, pedantisches Aussehen gegeben. Man liest in dem alten Tschudi dergleichen viel lieber; alles ist naiver und natürlicher als in einer solchen bloß gemachten affektierten Altertümlichkeit.« Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte. Werke, Bd. 12. Frankfurt/M. 1970, S. 16.

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  11. Zit. nach Werner Rihm, Das Bildungserlebnis der Antike bei Johannes von Müller, Basel, Stuttgart 1959, S. 55.

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  12. Zit. nach Willy Stokar, Vier Essays über J. v. Müller und seine Geistesart, Basel 1937, S. 11.

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  13. Vgl. Kurt Wehrle, Die geistige Entwicklung Johannes von Müllers. Ein historischer Beitrag zum Freiheitsproblem des jungen Idealismus, Basel, Stuttgart 1965, S. 57.

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  14. An den Bruder 1791, zit. nach Karl Schib, Johannes von Müller (1752–1809), Tayngen u.a. 1967, S. 425f.

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  15. Vgl. zu den kontroversen Positionen über diese Frage Jörn Rüsen, Bürgerliche Identität zwischen Geschichtsbewußtsein und Utopie. Friedrich Schiller, in: Schiller. Vorträge aus Anlaß seines 225. Geburtstages, hrsg. v. Dirk Grathoff u. Erwin Leibfried, Frankfurt/M. u.a. 1991, S. 186ff.

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  16. Zum Begriff des Erhabenen bei Schiller vgl. Hayden White, Die Politik der historischen Interpretation. Disziplin und Entsublimierung, in: H.W., Die Bedeutung der Form. Erzählstrukturen in der Geschichtsschreibung, Frankfurt/M. 1990, S. 78–107, bes. S. 38ff. Rolf-Peter Janz, Die ästhetische Bewältigung des Schreckens. Zu Schillers Theorie des Erhabenen, in: Geschichte als Literatur, a.a.O. (s. Anm. 21), S. 151–160.

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  17. Vgl. dazu die Schiller-Interpretation von Ugo Perone. Schiller. La totalità interrotta, Mailand 1982, bes. S. 132ff., die ausführlich auf Schillers Geschichtsphilosophie und auch auf seine historischen Schriften eingeht.

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  18. Vgl. Theodor Schieder, Schiller als Historiker, in: Historische Zeitschrift 190, 1960, S. 45.

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  19. Vgl. zur Rezeption Richard Fester, Einleitung in Schillers historische Schriften, in: Schillers Sämtliche Werke (Säkularausgabe), Bd. 13, Stuttgart, Berlin 1904–05, S. VIff.

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  20. Caroline Schlegel, Über Johannes Müllers Briefe, in: Athenäum 2, 1799 (ND Stuttgart 1960), S. 314.

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Otto Dann Norbert Oellers Ernst Osterkamp

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Gottlob, M. (1995). Friedrich Schiller und Johannes Müller. In: Dann, O., Oellers, N., Osterkamp, E. (eds) Schiller als Historiker. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03619-3_19

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  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

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