Zusammenfassung
Bestimmte Traditionen und Muster der Technikverklärung wie der Technikkritik aus der Zeit vor 1945 reichen in die Geschichte des »realen Sozialismus« in der nun untergegangenen DDR hinüber, wenn auch mehr oder weniger bewußtlos. Damit ist schon gesagt: Wer sich auf den Technikdiskurs in der DDR, speziell ihrer Literatur, einläßt, darf kaum neue Gedanken oder Bilder vom Maschinenwesen erwarten. Der Technikdiskurs der DDR-Literatur zwischen den Polen des frühen Technikkults und der späteren Technikangst ist weder poetisch originell noch analytisch innovativ. Er wiederholt die längst bekannte quasireligiöse Hypostasierung und Ästhetisierung der Technik einerseits — und die seit Schiller, Goethe und der Romantik topische Verketzerung der Mechanisierung des Lebens, der von einer verselbständigten Technik beherrschten Welt als »Megamaschine« andrerseits. Gewiß kommen einige neue Wahrnehmungen, Einsichten und auch Ressentiments hinzu, die sich aus dem Fortgang der technologischen Entwicklung erklären. Aber interessant ist doch ein anderes: Warum fällt der Technikdiskurs in der DDR zunächst so weit hinter früher erreichte Reflexionsstände zurück? Anders gesagt: Warum wiederholt die DDRLiteratur zu einem historisch so späten Zeitpunkt bestimmte Vereinseitigungen des Technikverhältnisses?
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Notizen
Der erste kenntnisreiche Überblick, der wichtige Autoren und Quellen zitiert und speziell auf Christa Wolf und die Forum-Debatten eingeht, stammt von Alexander Stephan: Die wissenschaftlich-technische Revolution in der Literatur der DDR, in: Der Deutschunterricht 1978, Heft 2, S. 18–34.
Franz Fühmann: Zweiundzwanzig Tage oder die Hälfte des Lebens, in: ders.: Das Judenauto. Rostock 1979, S. 478.
F. Fühmann: Kabelkran und Blauer Peter. Rostock 1962, S. 6.
Ebd., S. 7.
Ebd., S. 16.
Ebd., S. 126.
C. Wolf: Die Dimension des Autors. Essays und Aufsätze, Reden und Gespräche 1959–1985. Darmstadt, Neuwied 1987, S. 11f.
Ebd., S. 398.
Ebd., S. 407.
Ebd., S. 406.
C. Wolf: Der geteilte Himmel. Berlin-Schöneberg 1965, S.219f.
Ebd., S. 220.
Ebd., S. 227.
Ebd., S. 228.
Ebd., S. 232.
Ebd., S. 234.
C. Wolf: Literatur und Zeitgenossenschaft, in: Neue deutsche Literatur 3/1959, S. 7–11, hier S. 7.
Ebd.
Ebd., S. 10. Ein drittes Mal taucht »die Rakete« / der Sputnik in Nachdenken über Christa T. (1968) auf — in einer Erinnerungsszene, die das damalige Hochgefühl, den Glauben an die Vernunft und das wissenschaftliche Zeitalter, skeptisch beleuchtet. Der Glaube an die anfangs sichtbare »Spur der neuen Sterne« wird enttäuscht: »Der neue Stern hatte sich nicht gezeigt.« Ein technisches Dingsymbol hat damit ausgedient. Vgl. Nachdenken über Christa T. Halle/S. 1968, S.180f.
Volker Braun: Texte in zeitlicherFolge. Halle, Leipzig 1989ff. Bd. 1, S. 59.
Vgl. David Bathrick: Die Zerstörung oder der Anfang der Vernunft? Lyrik und Naturbeherrschung in der DDR, in: Reinhold Grimm/Jost Hermand (Hg.): Natur und Natürlichkeit. Königstein/Ts. 1981, S. 150–167, insbes. S. 159–162.
Inge V. Wangenheim: Die Geschichte und unsere Geschichten. Gedanken eines Schriftstellers aufder Suche nach den Fabeln seiner Zeit. Halle/S. 1966, S. 104.
F. Fühmann: Saiäns Fiktschen. Rostock 1981, S. 6.
C. Wolf: Selbstversuch, in: Gesammelte Erzählungen. Darmstadt, Neuwied 1980, S. 192–226, hier S. 220.
Ebd., S. 225 f.
C. Wolf: Störfall. Nachrichten eines Tages. Berlin, Weimar 1987, S. 73.
V. Braun: Bodenloser Satz. Frankfurt/M. 1990.
V. Braun: Wir und nicht sie. Halle, Leipzig 21976, S. 63 f.
V. Braun: Verfahren Prometheus, in: ders.: Verheerende Folgen mangelnden Anscheins innerbetrieblicher Demokratie. Frankfurt/M. 1988, S. 27–29, hier S. 27.
Ebd., S. 28.
Ebd., S. 29.
Frank Trommler: Technik, Avantgarde, Sachlichkeit. Versuch einer historischen Zuordnung, in: Götz Großklaus/Eberhard Lämmert (Hg.): Literatur in einer industriellen Kultur. Stuttgart 1989, S. 46–71, hier S. 48.
Klaus-Michael Bogdahl: Maschinen — Helden. Maschinenhelden. Zur Metaphorik des literarischen Arbeiterbildes um die Jahrhundertwende, in: Erhard Schütz (Hg.): Willkommen & Abschied der Maschinen. Literatur und Technik — Bestandsaufnahme eines Themas. Essen 1988, S. 69–86, hier S. 78.
Ebd.
Max Horkheimer/Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung. Frankfurt/M. 1969. Vgl. dazu meinen Aufsatz »Dialektik der Aufklärung« in der Literatur der siebziger und achtziger Jahre, in: W. Emmerich: Die andere deutsche Literatur. Aufsätze zur Literatur aus der DDR. Opladen 1994, S. 115–128.
Richard Herzinger/Heinz-Peter Preußer: Vom Äußersten zum Ersten. DDR-Literatur in der Tradition deutscher Zivilisationskritik, in: Literatur in der DDR. Rückblicke (= Sonderband Text + Kritik). München 1991, S. 195.
Ebd.
Ebd., S. 205.
So ebd., S. 201 ff.
Vgl. hierzu Ursula Heukenkamp: Von »Utopia« nach »Afrika«. Utopisches Denkens in der Krise der Utopie, in: Literatur in der DDR. Rückblicke (= Sonderband Text + Kritik). München 1991, S. 184–194.
Ian Buruma: There’s no Place Like Heimat [Zu Hans-Jürgen Syberberg und Christa Wolf], in: The New York Review of Books vom 20.12. 1990, S. 34–43, hier S. 43.
Martin Heidegger: Die Technik und die Kehre. Pfullingen 21962, und ders.: Holzwege. Frankfurt/M. 1950.
Unveröffentlichtes Manuskript Die Technik, zitiert bei Silvio Vietta: Heideggers Kritik am Nationalsozialismus und an der Technik. Tübingen 1989, S. 93 f.
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Emmerich, W. (1995). »Die Technik und die Kehre« Affirmation, Protest und Regression im literarischen Technikdiskurs der DDR. In: Emmerich, W., Wege, C. (eds) Der Technikdiskurs in der Hitler-Stalin-Ära. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03599-8_14
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