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»Ein echter Vorfechter Für die Nachwelt«

Kleists agonale Modernität — im Spiegel der Antike

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Kleist-Jahrbuch 1995

Zusammenfassung

Man bringe nur einmal alles, was in einer Stadt, an Philosophen, Schöngeistern, Dichtern und Künstlern, vorhanden ist, in einen Saal zusammen: so werden einige, aus ihrer Mitte, auf der Stelle dumm werden; wobei wir uns, mit völliger Sicherheit, auf die Erfahrung eines jeden berufen, der einem solchen Tee oder Punsch einmal beigewohnt hat 1

Für Charles Segal, παϱ’ où τας άυ σϰoπώv τάó’ … εϰµάυoτ σαϕεoτατα.

Erweiterte Fassung des Vortrags am 22. Oktober 1994 auf der Jahrestagung der Heinrich-von-Kleist-Gesellschaft in Frankfurt/Oder. Der Untertitel spielt, spiegelverkehrt, mit dem Generalthema der Tagung: »Kleist im Spiegel der Moderne: Theater — Kunst — Literatur«.

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Notizen

  1. Dies gegen die sehr kritischen Urteile bei Jost Hermand, Kleists Schreibintentionen. In: Dirk Grathoff (Hg.), Heinrich von Kleist. Studien zu Werk und Wirkung, Opladen 1988, S. 40–55, für den Kleists »verbrennende[r] Ehrgeiz« und seine »selbstzerstörerische Ruhmbegier, die ihn immer wieder in sein leidvolles Ich verstrickte«, als »die tragenden Gründe seines Dichtens« erscheinen, die »ihm somit den Ausblick auf eine sinnstiftende Utopie verwehrte[n]« (ebd., S.54).

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  2. Vgl. Richard Samuel, Heinrich von Kleists >Robert Guiskard< und seine Wiederbelebung 1807/8. In: Kleist-Jahrbuch 1981/82, S.315–348, hier S.320.

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  3. Vgl. die prognostischen Partien der Abhandlung >Die Geburt der Tragödie oder Griechentum und Pessimismus< von 1871/72 (in: Werke in drei Bänden, hg. von Karl Schlechta, 7. Aufl. München 1973, Bd. I, S.7–134), besonders ab Abschnitt 15, S. 82 ff.; das erste Zitat ebd., S.83; zur Rede von der » Wiedergeburt der Tragödie « vgl. S. 88, 95,110, 112,113 u. ö. Ein umfassender Kommentar bei M. S. Silk und J. P. Stern, Nietzsche on Tragedy, Cambridge: Cambridge University Press, 1981; zur europäischen Ausstrahlung von Nietzsches Thesen s. ferner John Burt Foster, Jr., Heirs to Dionysus. A Nietzschean Current in Literary Modernism, Princeton: Princeton University Press, 1981.

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  4. Vgl. den Abschnitt >Die klassische Kunstform< der >Vorlesungen über die Ästhetik< (In: Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Theorie-Werkausgabe, Frankfurt/M. 1970, Bd. 14, S. 13 ff.), der die griechische Kunst als Kunst der »Mitte« (S. 26) und als »wirkliches Dasein des klassischen Ideals« (S.25) bestimmt und ausführt, nur in Griechenland sei »die Kunst der höchste Ausdruck für das Absolute gewesen, und die griechische Religion ist die Religion der Kunst selber, während die spätere romantische Kunst, obwohl sie Kunst ist, dennoch schon auf eine höhere Form des Bewußtseins, als die Kunst zu geben imstande ist, hindeutet« (S.26 f.).

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  5. Vgl. Hans Robert Jauß, Schlegels und Schillers Replik auf die >Querelle des Anciens et des Modernes<. In ders., Literaturgeschichte als Provokation, 2. Aufl. Frankfurt/M. 1970, S. 67–106; Peter Szondi, Antike und Moderne in der Ästhetik der Goethezeit. In ders., Poetik und Geschichtsphilosophie I, hg. von Senta Metz und Hans-Hagen Hildebrandt, Frankfurt/M. 1974 (= Studienausgabe der Vorlesungen Bd. 2), S. 13–265; Hannelore und Heinz Schlaffer, Studien zum ästhetischen Historismus, Frankfurt/M. 1975.

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  6. Vgl. Peter L. Rudnytsky, Freud and Oedipus, New York: Columbia University Press, 1987, sowie Charles Segal, Sophocles’ >Oedipus Tyrannus<: Freud, Language, and the Unconscious. In: Freud and Forbidden Knowledge, ed. by Peter L. Rudnytsky and Ellen Handler Spitz, New York/London 1994, S.72–95.

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  7. Vgl. Christian Delmas, Mythologie et Mythe dans le Théâtre français (1650–1676), Genève 1985; Revel Elliot, Mythe et légende dans le Théâtre de Racine, Paris 1969; Roy C. Knight, Racine et la Grèce, 2. Aufl. Paris 1974.

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  8. Heiner Müller, Shakespeare eine Differenz. In ders.: Shakespeare Factory 2, Berlin 1989, S.227–230, hier S.230.

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  9. Mit dem Untertitel der bahnbrechenden intertextualitätstheoretischen Studie von Gerard Genette, Palimpsestes. La littérature au second degré, Paris: Éditions du Seuil, 1982 (= Collection Poétique). Außer mit der Arbeit Genettes berührt sich der in den folgenden Analysen zugrundegelegte >enge< Begriff von Intertextualität mit den Positionen zweier Sammelbände: Intertextualität. Formen, Funktionen, anglistische Fallstudien, hg. von Ulrich Broich und Manfred Pfister unter Mitarbeit von Bernd Schulte-Middelich, Tübingen 1985 (und darin insbesondere mit Manfred Pfisters klärendem Beitrag >Konzepte der Intertextualität<, S.1–30), sowie Jay Clayton/Eric Rothstein (Hg.), Influence and Intertextuality in Literary History, Madison: The University of Wisconsin Press, 1991.

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  10. Vgl. Theodorus C. van Stockum, Deutsche Klassik und antike Tragödie, zwei Studien: I. Schillers >Braut von Messina<, ein gelungener Versuch der Neubelebung der antiken Tragödie? In: Neophilologus 43, 1959, S. 177–193; Hermann Weigand, >Oedipus Tyrannus< and >Die Braut von Messina<, In: Schiller 1759/1959. Commemorative American Studies, ed. by John R. Frey, Urbana: The University of Illinois Press, 1959, S.171–202; Wolfgang Schadewaldt, Antikes und Modernes in Schillers >Braut von Messina<, In: Jahrbuch der Deutschen Schillergesellschaft 13, 1969, S.286–307.

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  11. Vgl. Walter Burkert, Griechische Religion der archaischen und klassischen Epoche, Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1977, S.139–42; Charles Segal, Tragedy and Civilization. An Interpretation of Sophocles, Cambridge/Mass. und London: Harvard University Press, 1981, S.207 ff.; Jean Pierre Vernant, Ambiguite et renversement. Sur la structure énigmatique d’ >Oedipe Roi<. In: Jean-Pierre Vernant/Pierre Vidal-Naquet, Mythe et tragedie en Grèce ancienne, Bd. 1, Paris 1972, S.99–131, bes. S.114ff.

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  12. Dies in Übereinstimmung mit Wolfgang Binder, Kleists und Hölderlins Tragödienverständnis. In: Kleist-Jahrbuch 1981/82, S.33–49, bes. S.45f.

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  13. Vgl. etwa Ulrich Broich, Formen der Markierung von Intertextualität. In: Broich/Pfister (Hg.), Intertextualität (wie Anm. 6), S.31–47; zur Poetik des diskreten Anspielens und Zitierens vgl. ferner J. Weisgerber, The Use of Quotations in Recent Literature. In: Comparative Literature 22, 1970, S.36–45; Ziva Ben-Porat, The Poetics of Literary Allusion, In: PTL: A Journal for Descriptive Poetics and Theory of Literature 1, 1976, S.105–128 (mit der Ausgangsdefinition: »The literary allusion is a device for the simultaneous activation of two texts«, S.107); Carmela Perri, On Alluding. In: Poetics 7, 1978, 5.289–307; St. Ross, Art and Allusion. In: The Journal of Aesthetics and Art Criticism 40/1, 1981, S.59–70; Ulrich Weisstein, Collage, Montage, and Related Terms: Their Literal and Figurative Use in and Application to Techniques and Forms in Various Arts. In: Comparative Literature Studies XV/1, 1978, S.124–139.

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  14. So K. F. von Jariges, der Rezensent der >Allgemeinen Literaturzeitung< von 1807 (LS, Nr.179).

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  15. Diese Kritik übersieht freilich, daß bereits Kleists antiker Prätext, der >Amphitruo< des Plautus, »die Vereinigung der bislang getrennten tragischen und komischen Tradition zu einer tragicomoedia« betrieben hatte, so daß, im Blick auf den poetologischen Prolog dieses Dramas, Hans Robert Jauß (Befragung des Mythos und Behauptung der ldentität in der Geschichte des >Amphitryon<. In ders.: Ästhetische Erfahrung und literarische Hermeneutik, 2. Aufl. Frankfurt/M. 1984, S.534–584, vorstehendes Zitat S.536) geradezu von der berühmten »Urkunde für die Geburt der Tragikomödie aus dem Geiste des >Amphitruo<« (S.538) sprechen kann. Vgl. auch Walter Müller-Seidel, Die Vermischung des Komischen mit dem Tragischen in Kleists Lustsoiel >Amnhitrvon<. In: Tahrbuch der Deutschen Schillereesellschaft 5. 1961. S.118–35.

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  16. Vgl. Walter Müller-Seidel, >Penthesilea< im Kontext der deutschen Klassik. In: Kleists Dramen. Neue Interpretationen, hg. von Walter Hinderer, Stuttgart 1981, S.144–171, bes. S.145 f.

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  17. Zur ideellen Symbolqualität der Szenerie vgl. den noch immer erhellenden Aufsatz von Klaus Ziegler, Raum- und Bühnengestaltung des klassischen Dramentypus. In: Beiträge zur Poetik des Dramas, hg. von Werner Keller, Darmstadt 1976, S. 14–29 (zuerst in: Wirkendes Wort 4, 1953/54, Sonderheft, S.45–54). Ziegler betont, »die Wahl gerade des Tempelhains zum Schauplatz des Dramas« hänge »unauflöslich mit seinem numinos-sakralen Charakter zusammen, in dessen Zeichen er aus der Masse aller übrigen, rein >empirischen< und >faktischen< Örter qualitativ herausgehoben und im Vergleich zu ihnen hierarchisch ausgezeichnet erscheint.« (Ebd., S.26)

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  18. Zum >Ethos< von Goethes Drama vgl. u. a. Peter Pfaff, Die Stimme des Gewissens. Über Goethes Versuch zu einer Genealogie der Moral, vor allem in der >Iphigenie<, In: Euphorion 72, 1978, S. 20–42; Wolfgang Wittkowski, Tradition der Moderne als Tradition der Antike. Klassische Humanität in Goethes >Iphigenie< und Schillers >Braut von Messina<, In: Zur Geschichtlichkeit der Moderne. Der Begriff der literarischen Moderne in Theorie und Deutung. Ulrich Fülleborn zum 60. Geburtstag, hg. von Theo Elm und Gerd Hemmerich, München 1982, S.113–134; ders., Goethe und Kleist. Autonome Humanität und religiöse Autorität zwischen Unbewußtsein und Bewußtsein in >Iphigenie<, <Amphitryon>, >Penthesilea<. In: Goethe im Kontext. Kunst und Humanität, Naturwissenschaft und Politik von der Aufklärung bis zur Restauration, hg. von Wolfgang Wittkowski, Tübingen 1984, S.205–229.

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  19. Elemente eines Vergleichs versammeln James S. Malek und Franklin D. Carson, Tragic Effects in Euripides’ >Iphigenia in Tauris< and Goethe’s >Iphigenie in Tauris<. In: Classical and Modern Literature vol. 1/2. 1981. S.109–119.

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  20. Weshalb Ruth Angress (Kleist’s Nation of Amazons. In: Beyond the Eternal Feminine. Critical Essays on Women and German Literature, ed. by Susan L. Cocalis and Kay Goodmann, Stuttgart 1982, S.99–134, hier S.101) zutreffend sagen kann, Kleists Verfahren in der>Penthesilea< »ought to have appealed to Graecophiles, because it constitutes an exploration of the relevance of ancient literature. By contrast, Goethe’s humanitarian >Iphigenie< is a correction of that literature.«

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  21. Vgl. dazu Wolfgang Binder, Hölderlin und Sophokles. In: Hölderlin-Jahrbuch 16, 1969/ 70, S.19–37; Wolfgang Schadewaldt, Hölderlins Übersetzung des Sophokles. In: Jochen Schmidt (Hg.), Über Hölderlin, Frankfurt/M. 1970, S.237–293; George Steiner, Die Antigonen. Geschichte und Gegenwart eines Mythos, München 1988 (engl. Orig. 1984), S. 86 ff.

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  22. Dazu Erich Segal, Euripides: Poet of Paradox. In ders. (Hg.), Oxford Readings in Greek Tragedy, Oxford: Oxford University Press, 1983, S. 244–253; Hans-Thies Lehmann, Theater und Mythos. Die Konstitution des Subjekts im Diskurs der antiken Tragödie, Stuttgart 1991, bes. S.177 ff.; Nancy Sorkin Rabinowitz, Anxiety Veiled. Euripides and the Traffic in Women, Ithaca and London: Cornell University Press, 1993.

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  23. Vgl. Marvin Carlson, Goethe and the Weimar Theatre, Ithaca/London: Cornell University Press, 1978, S.288 ff.; Walter Hinck, Goethe — Mann des Theaters, Göttingen 1982, S.23.

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  24. Für einen Überblick über das heterogene Spektrum neuerer Deutungen vgl. (neben den Anm. 191 genannten Arbeiten von Segal, Bierl und Kullmann) aus der deutschsprachigen Forschung Bernd Seidensticker, Pentheus. In: Poetica 5, 1972, S.35–63; Jochen Schmidt, Der Triumph des Dionysos. Aufklärung und neureligiöser Irrationalismus in den >Bakchen< des Euripides. In: Aufklärung und Gegenaufklärung in der europäischen Literatur, Philosophie und Politik von der Antike bis zur Gegenwart, hg. von Jochen Schmidt, Darmstadt 1989, S.56–71; Bernd Effe, Die Grenzen der Aufklärung. Zur Funktion des Mythos bei Euripides. In: Gerhard Binder/Bernd Effe (Hg.), Mythos. Erzählende Weltdeutung im Spannungsfeld von Ritual, Geschichte und Rationalität, Trier 1990, S. 56–74.

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  25. Vgl. Marie-Theres Federhofer, Kunstgenosse oder Virtuose? Zur Rezeption von Kleists >Penthesilea< durch den Berliner >Verein dramatischer Künstler< im Biedermeier. In: Kleist Tahrbuch 1994, S. 156–176.

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Frick, W. (1995). »Ein echter Vorfechter Für die Nachwelt«. In: Kreutzer, H.J. (eds) Kleist-Jahrbuch 1995. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03595-0_6

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