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Das stabile Trottoir der Großstadt

Zwei Kinderromane der Neuen Sachlichkeit: Wolf Durians »Kai aus der Kiste« und Erich Kästners »Emil und die Detektive«

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Neue Sachlichkeit im Roman

Zusammenfassung

»Das Kind ist entdeckt«1, resümiert der Wiener Reformpädagoge Anton Tesarek 1933 befriedigt die Ergebnisse der seit der Jahrhundertwende einsetzenden wissenschaftlichen Beschäftigung mit der Kindheit durch Psychoanalyse, Kinderpsychologie und Jungleserpsychologie. »Wir kennen das Kind nicht«2, gibt dagegen der Erzieher und Schriftsteller Janusz Korczak zu bedenken. Diese kontroversen Äußerungen zeigen die Bandbreite möglicher pädagogischer Haltungen gegenüber demselben Problem: Wie der wissenschaftsgläubige Erziehungsfunktionär zieht auch der behutsam beobachtende Praktiker seine Konsequenzen aus den sich wandelnden Generations- und Erziehungsverhältnissen in Zeiten der Republik — Zeiten, in denen die alten, abgedankten Autoritäten nicht mehr uneingeschränkt gelten und sich ein neues Kindheitsmuster durchzusetzen beginnt, welches die tradierten Rollenbilder vom ›wissenden Erwachsenen‹ und vom ›unwissenden Kind‹ in Frage stellt.

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Anmerkungen

  1. Anton Tesarek: Das Kind ist entdeckt. Beiträge zu einer volkstümlichen Seelenkunde. Wien 1933.

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Karrenbrock, H. (1995). Das stabile Trottoir der Großstadt. In: Becker, S., Weiß, C. (eds) Neue Sachlichkeit im Roman. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03575-2_9

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