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Stadt ohne Mythos

Gabriele Tergits Berlin-Roman »Käsebier erobert den Kurfürstendamm«

  • Chapter
Neue Sachlichkeit im Roman
  • 762 Accesses

Zusammenfassung

Die Faszination, die von den großen Städten, den sogenannten Metropolen, ausgeht, ist ungebrochen. Titel wie Berlin — Paris — New York2 spielen mit den Konnotationen und verlassen sich auf die Assoziationen, die allein schon die Nennung der Städtenamen auslöst. Die Metropole ist zu einer kulturtheoretischen Kategorie avanciert3, mit Hilfe derer die Veränderungen der Wahrnehmung und der ästhetischen Praxis der Moderne gegenwärtig neu überdacht werden. Die ursprünglichen Ausgangsfragen nach der Bedeutung der Großstadt als Thema oder literarisches Motiv4 bzw. nach der Funktion der »erzählten Stadt«5 haben sich inzwischen verändert und erweitert zu Fragen nach einer spezifischen Poetik und Semiotik der Stadt. Die Debatte über Urbanität, Moderne und Postmoderne6 konzentriert sich dabei erstaunlicherweise auf einige wenige Autoren und rekurriert auf immer wieder dieselben Texte: auf Döblins Berlin Alexanderplatz, Rilkes Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge oder auf die Gedichte von Stadler, Heym und Trakl. Sie favorisiert damit fast ausschließlich einen literarischen Diskurs, der die Stadt als mythische Größe ideologisch festschreibt und ästhetisch inszeniert.

»Es ist gar nicht so leicht, über Berlin zu schreiben, die besten Leute haben sich schon die Zähne daran ausgebissen. Vielleicht nur im Film möglich.«1

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Anmerkungen

  1. Gabriele Tergit: Käsebier erobert den Kurfürstendamm. Berlin 1988, S. 49. Nach dieser Ausgabe wird im folgenden fortlaufend im Text zitiert. — Die Erstausgabe erschien 1931 im Ernst Rowohlt Verlag, Berlin.

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  2. Vgl. Conrad Wiedemann (Hrsg.): Rom — Paris — London. Erfahrung und Selbsterfahrung deutscher Schriftsteller und Künstler in den fremden Metropolen. Ein Symposium. Stuttgart 1988;

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  7. Karlheinz Stierle: Der Mythos von Paris. Zeichen und Bewußtsein der Stadt. München 1993.

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  8. Vgl. demnächst auch Gotthard Fuchs, Bernhard Moltmann (Hrsg.): Mythos Metropole. Frankfurt/Main 1994.

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  9. Vgl. Thomas Steinfeld, Heidrun Suhr (Hrsg.): In der großen Stadt. Die Metropole als kulturtheoretische Kategorie. Frankfurt/Main 1990.

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  10. Vgl. Friedrich Sengle: Wunschbild Land und Schreckbild Stadt. Zu einem zentralen Thema der neueren deutschen Literatur. In: Studium Generale 16 (1963), S. 619–631;

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  12. Karl Riha: Die Beschreibung der ›Großen Stadt‹. Zur Entstehung des Großstadtmotivs in der deutschen Dichtung. Bad Homburg, Berlin, Zürich 1970.

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  13. Volker Klotz: Die erzählte Stadt. Ein Sujet als Herausforderung des Romans von Lesage bis Döblin. München 1969;

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  14. Vgl. dazu Klaus R. Scherpe (Hrsg.): Die Unwirklichkeit der Städte. Großstadtdarstellungen zwischen Moderne und Postmoderne. Reinbek bei Hamburg 1988;

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  15. Susanne Hauser: Der Blick auf die Stadt. Semiotische Untersuchungen zur literarischen Wahrnehmung bis 1910. Berlin 1990;

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  17. Zum Verhältnis von faktischer Absenz und symbolischer Präsenz von Frauen/Weiblichkeit vgl. Inge Stephan: Zwischen Provinz und Metropole. Zur Avantgarde-Kritik von Marieluise Fleisser. In: Inge Stephan, Sigrid Weigel (Hrsg.): Weiblichkeit und Avantgarde. Berlin, Hamburg 1987, S. 112–132;

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  19. Gabriele Tergit: Etwas Seltenes überhaupt. Erinnerungen. Frankfurt/Main, Berlin 1983, S. 80.

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  20. vgl. ihre Bücher: Das Büchlein vom Bett. München 1954;

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  21. Gabriele Tergit: Käsebier erobert den Kurfürstendamm. Frankfurt/Main 1977;

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  22. dies.: Effingers. Frankfurt/Main 1978;

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  23. Vgl. Hermann Kähler: Berlin — Asphalt und Licht. Die Große Stadt in der Literatur der Weimarer Republik. Berlin 1986, S. 266f.

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  24. Vgl. dazu Eckhardt Köhn: Straßenrausch. Flanerie und kleine Form. Versuch zur Literaturgeschichte des Flaneurs bis 1933. Berlin 1989. In der Einleitung (S. 7) wird Tergits Käsebier-Roman kurz zitiert.

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  25. Vgl. Kristina von Soden, Maruta Schmidt (Hrsg.): Neue Frauen. Die Zwanziger Jahre. BilderLeseBuch. Berlin 1988;

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  26. Katharina Sykora u.a. (Hrsg.): Die Neue Frau. Herausforderung für die Bildmedien der Zwanziger Jahre. Marburg 1993.

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  27. Gisela von Wysocki: Die Fröste der Freiheit. Frankfurt/Main 1980.

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  28. Die Frau von morgen wie wir sie wünschen. Eine Essaysammlung aus dem Jahre 1929. Mit Beiträgen v. Max Brod bis Stefan Zweig u. einem Essay v. Silvia Bovenschen. Frankfurt/Main. 1990. Noch reaktionärer fiel im gleichen Jahr das Buch einer Autorin aus: Elsa Herrmann: So ist die neue Frau. Leipzig 1929.

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Stephan, I. (1995). Stadt ohne Mythos. In: Becker, S., Weiß, C. (eds) Neue Sachlichkeit im Roman. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03575-2_15

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