Zusammenfassung
In England nahm die Entwicklung der Oper über die Jahrhunderte hin gesehen im Vergleich zu den Ländern des Kontinents einen völlig andersartigen Verlauf, obwohl ihre Anfänge grundsätzlich weitgehend mit den gleichfalls höfischen jener Gattung übereinstimmten. Ihre Träger waren die ihrer Funktion nach mit den französischen »ballets de cour“ verwandten „Masques“, wie jene teils von der höfischen Gesellschaft selbst, teils für sie veranstalteten, mehr oder weniger dramatischen Darbietungen, die sowohl pathetisch-festlich als auch, in den später davon abgespalteten „Antimasques“, grotesk-parodistisch gehalten sein konnten. Musikalisch beschränkte sich der französische Einfluß im Wesentlichen nur auf den Stil der »französischen Ouvertüre“ sowie auf die verschiedensten Tanztypen, während sich in der Vokalmusik, vor allem in den Sologesängen, schon hier eine gerade durch ihre Schlichtheit besonders wirkungsvolle Melodienseligkeit bemerkbar macht, die ein wesentliches Merkmal auch der daraus erwachsenen englischen Oper geworden ist und sie vielleicht sogar letzten Endes vor einer Überfremdung bewahrt hat. — Die Handlung, von angesehenen Dichtern wie James Shirley, Ben Jonson und John Dryden erdacht und gestaltet, spielte sich in gesprochenem Dialog ab, doch war die Rolle sowohl der Vokal- als auch der Instrumentalmusik darin rein umfangsmäßig unverhältnismäßig groß, nur daß alle derartigen Sätze vor allem in den Anfängen der Gattung als bloße Zutaten nicht den geringsten Anteil am dramatischen Geschehen hatten. Dies zeigt sich besonders deutlich in dem häufigen Auftreten von lediglich die Festlichkeit einer Situation unterstreichenden Chören. In dieser scharfen Scheidung zwischen Drama und Musik macht sich bereits hier, im Vorstadium der Oper, die ungeheure Schwierigkeit bemerkbar, mit der die Erben Shakespeares bei ihrer Auseinandersetzung mit der Oper fast bis in unser Jahrhundert hinein immer wieder zu kämpfen gehabt haben.
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Abert, A.A. (1994). Die Oper in England. In: Geschichte der Oper. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03564-6_37
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Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
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Online ISBN: 978-3-476-03564-6
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