Zusammenfassung
Die nationalsozialistische Propaganda stellte die Errichtung der »Reichsmusikkammer« (RMK) als Teil der Reichskulturkammer (RKK) zum einen zwar als historisch legitimierte Tat, zum andern aber als einen notwendigen Akt politischer bzw. kulturpolitischer Erneuerung, ja als kulturhistorisches Novum dar. Tatsache ist, daß die Musikpolitik im NS-Staat niemals hätte so erfolgreich sein können, »wenn die eingeschlagene Richtung von Grund auf neu gewesen wäre und sich nicht auf machtvolle Tendenzen hätte stützen können, die seit langem vorhanden waren.«1 Dies gilt für einen Komplex, der sowohl organisatorische als auch ideologisch-weltanschauliche Aspekte umfaßt: Pläne allgemeiner staatlicher Organisationen für die deutschen Musikschaffenden, die nicht nur deren künstlerische, wirtschaftliche und soziale Belange regeln und vertreten, sondern auch dem Zweck der Ausbildung und Aufsicht dienen sollte, waren bereits um die Mitte des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts entworfen worden; die Wurzeln des nationalsozialistischen Antisemitismus reichen bis ins frühe Mittelalter hinab. Auch für die Kultur- bzw. Musikpolitik des NS-Staats trifft zu, daß ab 1933 bemerkenswert wenig »neu dazuerfunden« werden mußte, da die grundlegenden Ideen und Ziele längst formuliert und zum Teil in praxi erprobt worden waren.2
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Notizen
Hermann Danuser, Die Musik des 20. Jahrhunderts (Neues Handbuch der Musikwissenschaft, hrsg. von Carl Dahlhaus, Bd. 7), Laaber 1984, S. 206.
sowie Fred K. Prieberg, Musik im NS-Staat, Frankfurt a. M. 21982, S. 34.
vgl.: Gerhard Splitt, Richard Strauss’ Idee vom Ende der deutschen Musik 1945, in: Musik in Bayern, o. Jg., 1990, Heft 41, S. 37–61, hier: S. 47–49.
vgl.: Th. Metscher, Artikel Museum, imaginäres, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, hrsg. von Joachim Ritter und Karlfried Gründer, Bd. 6, Basel 1984, Sp. 241f.,
Wagners Texte zit. nach: Richard Wagner, Gesammelte Schriften und Dichtungen, Leipzig 21887/88;
Vgl.: Martin Gregor-Dellin, Richard Wagner. Sein Leben, sein Werk, sein Jahrhundert, München/Zürich 1980, S. 210,
sowie: Ders., Wagner Chronik. Daten zu Leben und Werk, München 1972, S. 41, 43 und 46.
zitiert in: Gerhard Splitt, Richard Strauss 1933–1935. Ästhetik und Musikpolitik zu Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft, Pfaffenweiler 1987, S. 86.
Vgl. John Deathridge, Martin Geck, Egon Voss, Wagner Werk-Verzeichnis (WWV), Mainz usw. 1986, S. 472.
Adolf Hitler, Mein Kampf, München 107–1111934, S. 332.
Richard Wagner, Sämtliche Briefe, hrsg. von Gertrud Strobel und Werner Wolf, Leipzig 1967, Bd. I, S. 576, sowie Bd. II, ebd. 1970, S. 223.
Vgl. Léon Poliakov, Geschichte des Antisemitismus, VII. Zwischen Assimilation und »jüdischer Weltverschwörung«, aus dem Französischen von Rudolf Pfisterer, Frankfurt a. M. 1988, S. 31 und 37.
Hermann Seeliger, Der deutsche Seher. Die nationalsozialistische Idee bei R. Wagner, in: Bayreuther Blätter. Deutsche Zeitschrift im Geiste Richard Wagners, hrsg. von Hans von Wolzogen, 57. Jg., 1934, Drittes (Festspiel=) Stück, S. 127–161, hier S. 159f., 140 und 154.
Vgl. auch Alex Bein, Die Judenfrage. Biographie eines Weltproblems, 2 Bde., Stuttgart 1980, Bd. 2, S. 173:
Friedrich Mahling, Ein Vorwort, in: Musik im Zeitbewußtsein. Amtliche Zeitschrift des Reichskartells der Deutschen Musikerschaft, 1. Jg., 1933, Nr. 6 (18.11.1933), S. 1; künftig zitiert als MiZb.
Karl Stietz, Fragebogen und Statistik, in: Kultur, Wirtschaft, Recht und die Zukunft des deutschen Musiklebens. Vorträge und Reden von der Ersten Arbeitstagung der Reichsmusikkammer, hrsg. vom Presseamt der Reichsmusikkammer, Berlin 1934, S. 41ff., hier: S. 46f.;
sowie: H. Kolland, Trösterin — in Gleichschritt gebracht. Die Faschisierung des Musiklebens, in: 2933 — Wege zur Diktatur. Supplementband zum Katalog [der gleichnamigen Ausstellung], hrsg. von der Staatlichen Kunsthalle Berlin, Berlin 1983, S. 137ff. Ebd. auf S. 170–172
Vgl. Joseph Wulf, Theater und Film im Dritten Reich, Frankfurt a. M., Berlin 1983, S. 69.
Hans-Ulrich Thamer, Verführung und Gewalt. Deutschland 1933–1945, Berlin 1986, S. 145f.
zudem: Martin Broszat, Der Staat Hitlers. Grundlegung und Entwicklung seiner inneren Verfassung, München 81979, S. 439f.
vgl. Reinhard Bollmus, Das Amt Rosenberg und seine Gegner. Studien zum Machtkampf im nationalsozialistischen Herrschaftssystem, Stuttgart 1970, hier insbesondere S. 27ff.
Gottfried Feder, Das Programm der NSDAP und seine weltanschaulichen Grundgedanken (Nationalsozialistische Bibliothek, Heft 1), München 901932, S. 35 und 43.
Mahling beruft sich hier auf Rudolf Steiner, Die Kernpunkte der sozialen Frage in den Lebensnotwendigkeiten der Gegenwart und Zukunft, Stuttgart 1919, der allerdings keine rassistische Ideologie vertritt.
vgl.: Joseph Wulf, Musik im Dritten Reich. Eine Dokumentation, Reinbek 1966, S. 179f.
Zu diesem Vorgang vgl. Fred K. Prieberg, Kraftprobe. Wilhelm Furtwängler im Dritten Reich, Wiesbaden 1986, S. 76ff.
Raul Hilberg, Die Vernichtung der europäischen Juden, aus dem Amerikanischen von Christian Seeger, Harry Moor, Walle Bengs und Wilfried Szepan, 3 Bde., Frankfurt a. M. 1990, hier Bd. 1, S. 43; künftig zitiert als Hilberg Iff.
Gustav Cords, Behörden und Verbände. Die Reichsmusikkammer (RMK.), in: Das Atlantisbuch der Musik, hrsg. von Fred Hamel und Martin Hürlimann, Berlin, Zürich 1934, S. 983ff., hier S. 984.
Friedrich Zander, Die Berufe der Musikausübenden in der deutschen Reichsstatistik. Ergebnisse der letzten Berufszählung, in: Die Musik-Woche, 5. Jg., 1937, Nr. 25, S. 1–4.
Vgl. Wolfram Werner, RKK und ihre Einzelkammern. Bestand R 56 (Findbücher zu Beständen des Bundesarchivs, Bd. 31), Koblenz 1987, S. 16f.
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Splitt, G. (1994). Die »Säuberung« der Reichsmusikkammer Vorgeschichte — Planung — Durchführung. In: Weber, H. (eds) Musik in der Emigration 1933–1945. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03538-7_2
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