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Ästhetik
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Zusammenfassung

Entstanden ist die Ästhetik als Diskurs über den Körper. In seiner ursprünglichen Formulierung bei Alexander Baumgarten bezieht sich ihr Begriff nicht in erster Linie auf die Kunst, sondern (wie das griechische Wort aisthesis nahelegt) auf den gesamten Bereich menschlicher Wahrnehmung und Empfindung im Gegensatz zum vergeistigten Bereich begrifflichen Denkens. Die Unterscheidung, die der Begriff »ästhetisch« in der Mitte des 18. Jahrhunderts durchsetzt, bezieht sich nicht auf die Trennung von »Kunst« und »Leben«, sondern auf die von Materiellem und Immateriellem, von Dingen und Gedanken, von Empfindungen und Vorstellungen, von dem, was mit unserem kreatürlichen Leben zusammenhängt, und dem, was im Gegensatz dazu im Inneren unseres Geistes eine eher schattenhafte Existenz fuhrt. Es ist, als würde sich die Philosophie auf einmal des Umstands bewußt, daß es auf einem Gebiet jenseits ihrer geistigen Enklave nur so von Phänomenen wimmelt, die ihrer Gewalt voll und ganz zu entgleiten drohen. Bei diesem Gebiet handelt es sich um nichts weniger als um die Gesamtheit unseres Empfindungsiebens, um unsere Vorlieben und Abneigungen, um die Art und Weise, wie die Welt auf unsere Sinnesoberflächen auftrifft, um das, was uns ins Auge springt und bis in unsere Eingeweide hinein wirkt, sowie um all das, was aus unserer ganz banalen, biologischen Verwurzelung in der Welt hervorgeht. Der Ästhetik geht es um die gröbste und greifbarste Dimension des Menschlichen, welche die Philosophie nach Descartes aufgrund einer merkwürdigen Fehlwahrnehmung irgendwie übersehen hat. In ihr sind also erste Regungen eines primitiven Materialismus auszumachen, die lange unartikuliert gebliebene Rebellion des Körpers gegen die Tyrannei des Theoretischen.

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Notizen

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Eagleton, T. (1994). Freie Einzelheiten. In: Ästhetik. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03510-3_2

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03510-3_2

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